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Winterrallye rund um Schotten, mal ganz anders erlebt…

Ein Erlebnisbericht von ASC-Mitglied Frank Schädlich.

Als mich Dr. Scheffler – seines Zeichens Landespräsidend des ASC Hessen und IGSW Mitglied - bat, in diesem Jahr vielleicht einmal mit einem Vorkriegs oldtimer bei der Winterrallye des ASC in Schotten anzutreten, wusste ich noch nicht so recht, was auf mich zu kommen würde. Daher hier meine, man möge es mir nachsehen, sehr persönlichen Erlebnisse rund um diese Rallye. Wieso das so ist, verrät die Überschrift vorab vielleicht schon ein wenig. Aber beginnen wir einige Tage vor der eigentlichen Rallye.

Schon einige Zeit im Vorfeld hatte sich der Hessische Rundfunk mit einem Aufnahmeteam angekündigt. In einer Vorbesprechung mit der Aufnahmeleiterin, Frau Spiegelberg, wurde der Rahmen für die zu produzierende Sendung abgesteckt. Insgesamt drei Tage sollte in typischen (was ist schon typisch?) Schraubergaragen von Mitgliedern des Allgemeinen Schnauferl Clubs (ASC) gefilmt werden. Auserkoren wurden hierzu Dr. Scheffler mit seinem AC 16/70 DHC von 1937, Robert Schramm mit seinem Chrysler CM6 (1930) und meine Person. Weitere drei Tage sollte der Berichterstattung dem eigentlichen Geschehen der Winterrallye rund um Schotten gelten. Nun ja, was sollte groß kommen? Hin und wieder in die Kamera winken und ein paar Worte ins Mikrophon war so unsere Vorstellung. Weit gefehlt, das Ganze sollte in echten „Stress“ ausarten.

Die Brüder Robert und Jochen Schramm wurden Dienstag und Dr. Scheffler Mittwoch in ihren heimischen Garagen abgelichtet. Am Donnerstag, dem Tag direkt vor der Rallye, war mein Einsatz geplant. Pünktlich stand das HR-Team – Motto „Hier kommt Hessen“ - bestehend aus einem Kameramann, einer Tontechnikerin und der bereits bekannten Redakteurin, Frau Spiegelberg, vor meiner Tür. Was ist zu tun? „Machen Sie einfach das was Sie immer so vor einer Rallye machen würden.“ Das war einfach. Ich hatte mich für den Vauxhall 20-60 (1929) entschieden, der TR3 wäre mir zwar vom Handling her lieber gewesen, aber was tut man nicht alles für das Fernsehen. Also ab in den Oldtimer und in die nahegelegene Werkstatt des MSCM nach Mörfelden gefahren. Kameramann Tom Jeffers schulterte sein 12 Kilo schweres Arbeitsgerät und fuhr entschlossen die wenigen Kilometer mit. Dass er dabei seine Handschuhe vergaß, erwies sich dabei schnell als Fehler, es war nämlich lausig kalt.

In der Werkstatt erwartete mich schon mein Beifahrer Horst Daubert. Wieder sollten wir die Kamera einfach ignorieren, was dem Kameraungeübten sichtlich schwer fällt und uns an die Vorbereitungsarbeiten am Auto machen. Spätestens in diesem Moment merkt man, wie irritierend die ständige Präsenz eines Kamerateams eigentlich ist. Nicht nur der schwarze Kasten selbst „blickt“ auf jeden Handgriff, auch der „Wischmopp“ (Mikrophon) der Tontechnikerin Susanne Körner wuselte ständig um uns herum. Als zusätzliche Herausforderung immer wieder Frau Spiegelberg mit Fragen zum Geschehen. „Was sagen denn eigentlich Ihre Frauen zu diesem Hobby?“ – „Ja, also äh…“. Diverse Öle prüfen und nachfüllen, Filter checken und Kühlerflüssigkeit auffüllen, Wartungsarbeiten eben. Uups, schon das erste peinliche Malheur, der Verschluss der Kühlerflüssigkeitsflasche landet prompt im Kühler! Wie sagt meine Elisabeth immer so schön? „Zuviel Fernsehen ist nicht gut!“. Stimmt in dem Falle. Minuten später verschwindet zu allem Überfluss auch noch der Kopf einer Staufferbuchse im Nirvana des Motorraumes. Bliebe nur noch das Abschmieren. Mühsam turnt Tom der Kameramann in die Grube, ich folge bewaffnet mit Schmierpistole und Lappen, nur um erschreckt festzustellen, dass das Auto ja eigentlich eine Zentralschmierung hat! Es „fanden“ sich dann doch noch einige, wenn auch unwichtige, Schmiernippel. Das zum Thema Vorbereitung…

Am nächsten Tag in Schotten. Den ersten Tag der Rallye, wollten wir es eigentlich gemütlicher angehen lassen. Pustekuchen, auch daraus wurde nichts. Eiligst werden Host und ich direkt bei der Ankunft mit kleinen Mikrophonen verdrahtet. Jetzt nur keine dummen Sprüche ablassen! Wird schließlich alles mitgeschnitten. Nicht genug damit, ein neu hinzu gekommenes Mitglied des TV-Teams, René Biernat, will an unserem Oldtimer eine Fingerkamera anbringen. Fingerkamera? Es handelt sich dabei um eine kleine Kamera, welche direkt vor der Windschutzscheibe mittels eines Stativs angebracht wurde und das gesamte Geschehen die nächsten 2 Tage aufzeichnete. Big Brother lässt grüssen.

Nachtetappe, Start 19:31, Ausgabe der Bordbücher eine halbe Stunde vorher. Es wird Durchschnitt gefahren, wobei einige Zeiten vorher ausgerechnet werden müssen. Spätestens jetzt merken wir, dass aufgenommen werden zum Total-Black-out führen kann. Nur der zu unserem Team hinzugestoßene 2. Beifahrer, mein 11-jähriger Sohn Patrick, rettet uns spontan bei dieser „kniffligen“ Rechenaufgabe.

Dann endlich der Start und ab in die Nacht. Ca. 30 km und einige Zeitprüfungen sind zu bewältigen. Eigentlich nicht allzu schwierig. Doch kurz nach dem Start steigt die Wassertemperatur in ungewöhnliche Höhen. Was ist los? Nichts Schlimmes, nur die Pappe die ich vor dem Kühler platziert hatte um die Kühlertemperatur in der eisigen Nacht möglichst schnell nach oben zu bringen, verrichtet hervorragend ihren Dienst und müsste möglichst sofort entfernt werden. Bergauf mit Leitplanken am Straßenrand, leichter gesagt als getan. Also, durchhalten bis zum nächsten Parkplatz, blitzartig raus springen und die Pappe vom Kühler reißen. Zu spät, eine riesige, ausgesprochen telegene Dampfwolke hüllt unseren Wagen ein. Immerhin knallen 2 ½ Liter Kühlmittel innerhalb von Sekunden in die Nacht. Das fanden unsere Begleiter vom Hessischen Rundfunk auch. Jedenfalls hatten wir so durch die Kamera eine perfekte Beleuchtung auf dem sonst stockdunklen Parkplatz! Das mir in der Hektik dann auch noch ein Haubenverschluss abreißt, fällt dabei gar nicht weiter auf. Bis der Kühler einigermaßen wieder auf Normaltemperatur war, waren natürlich unsere vorher so mühsam errechneten Zwischenzeiten längst für die Katz’. Dass wir übrigens nicht die Einzigen waren, die mit der Pappe und dem überkochenden Kühler ein Problem hatten, konnte uns im Nachhinein nur wenig trösten. Einen Bentley 4 ½ Liter erwischte es auf die gleiche „dampfende“ Weise. Überhaupt die Beleuchtung! Vorne die funzeligen Scheinwerfer, Horst mit der Taschenlampe über dem Bordbuch, welche dann wunderbar in der Windschutzschein spiegelt und ständige blendenden hinterherfahrenden normalen PKWs. Wir waren echt froh, wieder im Hotel angekommen zu sein. Traditionell konnten wir uns dann am Lagerfeuer auf der Terrasse mit Appelkorn aufwärmen. Es wurden einige, war ja auch schließlich unter Null Grad.

Samstagmorgen, 8:46 Uhr, Restart. Immerhin gingen bei der 41. Auflage der Schottenrallye 33 Teams an den Start. Davon sieben der FIVA-Klassen C und D, also bis 1930. Das Gros startete in den Klassen E und F, allerdings mit überwiegend geschlossenen Fahrzeugen. Eine durchaus kluge Entscheidung bei dem diesjährigen trockenen, schneelosen Wetter mit Temperaturen durchweg um den Gefrierpunkt. Die "Oben-ohne- Fraktion" hielt sich dabei bis auf einige Wetterfeste, darunter Marko Scheffler in einem TR3, vornehm zurück.

Wir hatten es uns in unserem offenen Oldie im mehrschichtigen „Zwiebellook“ durchaus gemütlich gemacht. Getreu dem Motto: „Wer friert hat nur die falsche Kleidung!“ Nachteilig wirkte sich das zwangsläufig auf die allgemeine Beweglichkeit aus. Mal eben zum Selbststempler zu gehen, war schon eine turnerische Leistung. Warum waren die Kisten nur damals so riesig und hatten doch innen Null Platz? Ach ja, verkabelt waren wir auch schon wieder. Alle Gemütsregungen wurden mitgeschnitten und per Funk direkt in den hinter uns herfahrenden Wagen des HR geliefert. Manchmal glaubte ich fast im Rückspiegel feixende Gesichter zu erkennen, wenn wir uns zum x-ten Mal in der Botanik verirrt hatten oder verzweifelt ein Bäumchen suchten. Kunststück, im Warmen und mit einer genauen Karte des Rallyeverlaufes versehen. Diebisch geradezu unser klammheimliche Freude, wenn es uns doch mal wieder gelungen war das Fernsehteam abzuhängen.

Kleine Differenzen im Team, wie diese auf Rallyes durchaus bekannt sind, wurden von unserem Big Brother Begleitwagen direkt mitgehört und von Frau Spiegelberg gekonnt in unverfängliche Fragen verpackt, in etwa: „Wie lief es denn so mit der Verständigung im Team?“. Aber, aber, liebe Frau Spiegelberg, das ist doch eine durchaus normale Kommunikation während einer Rallye!

Der Vormittag bot mit seinen 105 km Strecke einiges an kniffligen, aber machbaren Aufgaben. Selbst kleine Hindernisse wie Sägearbeiten mitten auf der Strasse konnten wir durch eine beherzte Ackerüberquerung bewältigen. Die für Neulinge der Schottenrallye unverständlichen Wasserstandsmeldungen durch den Organisator klärten sich spätesten bei der Furt in Strebendorf. Nur leider waren von den versprochenen 70 cm Wasserstand nur noch ca. 30 cm übriggeblieben. Zu gerne hätten wir und sicherlich auch das TV Team einen Austin Healey oder vielleicht den offenen Triumph TR3 bei der Wasserdurchfahrt beobachtet. Mit unserem hochbordigen Gefährt wäre das durchaus noch machbar gewesen, wir hatten  es vorher sicherheitshalber gemessen! In Lauterbach auf dem Marktplatz eine kleine Geschicklichkeitssonderprüfung. Mit den Rädern über eine Bohle fahren. Leichtigkeit, Horst stellte sich auf das Trittbrett und gab Anweisungen.

Gestärkt und aufgewärmt ging es nach der Mittagspause in Maar im Anschluss auf die Nachmittagsetappe. Nun wartete noch ein echtes Highlight auf die Teams, das Stehrodrom. Eine private Rennstrecke, mit einer Länge von 730m, war diese wahlweise im 25 km/h oder 35 km/h Schnitt zu umrunden. Mit unserer gelben „Rennschnecke“ von vorneherein kaum lösbar. Wir blieben weit unter dem gewählten 25er Schnitt. Die schnelleren und mit einer wesentlich besseren Straßenlage gesegneten Nachkriegswagen ließen es hier ganz schön krachen. Denn wenn sich auch ein Schnitt von 35 km/h wenig anhörte, die Strecke war schon eng gesteckt.

Danach Fischgräte, Halbpfeil- und Schattenskizze, das übliche Rallyeprogramm eben. Die Dauerbeobachtung durch das Fernsehteam nahmen wir jetzt kaum noch wahr. Lediglich eine letzte Aufgabe kurz vor dem Ziel, eine Strich-Punkt-Skizze führte zu einer längeren Diskussion und verzweifeltem Nachschlagen in den Ausführungsbestimmungen. Wie war das doch gleich? Letztendlich fiel einstimmig der Beschluss zum Überspringen dieser Aufgabe. Hinzu kamen die Verlockungen des nahegelegenen warmen Hotels und natürlich des Belohungsbierchen. Im Nachhinein berichteten selbst siegesverdächtige Teams, dass sie hier auch erhebliche Schwierigkeiten hatten und abbrachen. Das tröstet dann schon.

Ach ja, langsam wurde auch noch das Benzin knapp. Natürlich hatten Vogelsbergerfahrene an der einzigen Tankmöglichkeit weit und breit, in Lauterbach, vorsorglich getankt. Wir prompt nicht! Auffällig langsam fuhr zu diesem Zeitpunkt ein Ford V8 (1936) vor uns her. Am Ziel verriet er auch warum, das gleiche Problem wie bei uns, kaum noch Benzin! Anzeige Null–Komma-Null. Aus Ersparnisgründen hatte er bei Bergabpassagen den Wagen ohne Motor einfach nur rollen lassen… Geschafft haben es aber dann letztendlich doch alle.

Abschlussessen und Siegerehrung. Wie konnten wir Naivlinge nur glauben, wir hätten es hinter uns? Gemeinerweise wurden wir vor der Preisverleihung nach unseren Siegeserwartungen gefragt. Mit unserer Schätzung im hinteren Drittel zu liegen, lagen wir dabei gar nicht mal so falsch. Jedoch, oh Überraschung für das Fernsehteam, wir bekommen einen Pokal überreicht. Zweiter Platz in der Klasse C bis 1930. Daher noch mal die Frage: „Hätten Sie das jetzt erwartet?“ – künstlicher Jubel von uns Dreien - . „Nein, nein, wir sind auch ganz überrascht, nach über 10 Jahren ohne Pokal…Blah, Blah“. Bei einem Bier und ausgeschalteter Kamera rückten wir das Weltbild zwischen Pokalen der Klassen und dem Gesamtergebnis wieder zurecht. Logischerweise war es für uns nicht allzu schwer, einen Pokal zu erringen, weil halt nur drei Fahrzeuge in unserer Klasse mitgefahren sind… Alles relativ - ob das die geneigten Fernsehzuschauer merken?

Nach ausgedehnter nächtlicher Feier (mit reichlich genossener Gerstenkaltschale), schön frühstücken und locker heimfahren? Ganz so einfach kamen wir denn doch nicht davon! Also, noch mal in die Winterjacken geschlüpft, schnell wieder die Mikros ans Revers geheftet, in den Vauxhall und ab geht’s. „Show-Heimfahren“ für einen eventuellen logischen Abschluss der geplanten halbstündigen Reportage. Daß keine Koffer eingepackt wurden, was soll’s merkt doch eh’ keiner! Alles einsteigen, winken, starten … und nichts tut sich! Die Karre springt nicht an. Nur ein müdes Drehen des Motors zeugt von einer total erschöpften Batterie. Schieben ist angesagt. Klaro, wir sind weite Strecken mit Licht gefahren. Mit Anschubhilfe einiger Frühaufsteher und beherztem Startpiloteinsatz – nur nicht die Marke in die Kamera halten - springt der Motor unwillig an. Glück gehabt, besser hätte es kein Drehbuch vorschreiben können. Ein letztes Winken in die Kamera. Klappe und Ende. Kleine Runde ums Hotel und dann endlich zum wohlverdienten Frühstück.

Als Protokollant der 41. Winterrallye gebe ich unumwunden zu, versagt zu haben. Was um uns herum vorging, haben wir nur am Rande mitbekommen. Gefilmt zu werden war für uns eine völlig neue, interessante und ungewohnte Erfahrung. Lenkt aber andererseits doch schwer vom Rallyegeschehen ab. Uns als Laiendarsteller wird jedenfalls diese Winterrallye noch lange im Gedächtnis bleiben, denn es hat uns trotz der ungewohnten Situation schon irgendwie Spaß gemacht. Vielleicht hat auch der eine oder andere sogar die Sendung am 13. März im HR gesehen?

Und was lernen wir daraus? Na eigentlich mal wieder nix oder vielleicht doch, dass das was wir im Fernsehen vorgesetzt bekommen mit der Realität nur in den wenigsten Fällen etwas zu tun hat!

Text: Frank Schädlich

Bilder unter oldtimer-veranstaltung.de
Der Fernsehbericht ist als Stream hier abrufbar.