Hallo Tankwart
Hallo Tankwart
Wo das Wirtschaftswunder Fahrt aufnahm
Was heute bestenfalls als notwendiges Übel gilt, war damals ein Hauch von großer, weiter Welt: Der Stopp an der Tanke. Damals, als das Benzin paradiesisch billig war, der dienstbeflissene Tankwart aus seinem Häuschen eilte und den Ölstand kontrollierte, durfte sich der Autofahrer noch als König fühlen.
Von der staubigen Käfer-Tränke mit einziger Zapfsäule im Dorf bis zu den architektonischen Meisterwerken mit Chrom und Glas. An den Tankstellen kam das Wirtschaftswunder in Fahrt. Die wunderbar nostalgischen Bilder sind eine Chronik des Nachkriegsdeutschlands – zumindest jenes Teils, der sich um das Auto drehte.
Buchinformationen:
- Alexander Franc Storz
- Hallo Tankwart - Wo das Wirtschaftswunder Fahrt aufnahm
- 176 Seiten, 227 s/w-Bilder, 61 Farbbilder
- 230 x 265 mm, gebunden
- Motorbuch-Verlag
- € 19.95, sFr 27.90
- ISBN 978-3-613-03535-5
Kommentar:
Das Buch "Hallo Tankwart" hat Alexander F. Storz einem der wichtigsten Betriebsmittel von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren gewidmet: dem Treibstoff. Wobei man hier sogar präzisieren kann, indem man die Infrastruktur desselben oder die Wandlung der Tankstellenarchitektur mit einbezieht.
"Hallo Tankwart" ist eine Mischung aus Geschichts- und Bilderbuch. Die größtenteils in schwarz-weiß gehaltenen Fotos verströmen nostalgisches Flair und bilden einen Querschnitt unterschiedlicher Betankungssituationen ab. Ob im Alltag, im Urlaub oder an der Rennstrecke. Jedes Fahrzeug ist ohne Treibstoff und der zugehörigen Zapfsäule zum Stillstand verdammt.
Sehr schön läßt sich aus dem Buch die Entwicklung der Tankstelle von der einfachen, handbetriebenen, Zapfstelle zur modernen Tankanlage nebst integriertem Supermarkt bestaunen. Allerdings ist, vermutlich ob der Markenaffinität des Autors, die Bildauswahl ziemlich Opel-lastig ausgefallen. Die Autos dieser Marke machen einen nicht unerheblichen Anteil der gezeigten Fahrzeuge aus.
In die Geschichte der Fahrzeugbetankung steigt Alexander F. Storz mit dem bekanntesten öffentlichen Tankvorgang überhaupt ein, nämlich mit Bertha Benz' Ligroin-Kauf den Benz Patent-Motorwagen No.3 in der Wieslocher Apotheke bei ihrer Fernfahrt von Mannheim nach Pforzheim.
Interessant aufbereitet sind die kurzen Abrisse über vergangene und gegenwärtige Kraftstoffmarken und deren Historie. Wer kennt denn heute noch Olex, DAPG, Caltex, Stellin, Dynamin oder Eurotank?
Auch der Exkurs in die Tankgepflogenheiten der DDR weiß zu informieren oder die Umstellung vom Tankwart auf Selbstbedienung. Allerdings bleibt bei allem Lob über die Bildauswahl und den interessanten Ausführungen ein kleiner Wermutstropfen: Die Bildunterschriften, die teilweise zu regelrechten Abhandlungen über das jeweils gezeigte Motiv mutiert sind, wirken oft hölzern, gestelzt und nicht immer wahrheitsgetreu. Hier scheint sich die Phantasie des Schriftstellers ab und an Bahn gebrochen zu haben. Wen dies jedoch nicht stört, kann ein paar unterhaltsame und durchaus lehrreiche Stunden mit sehenswerten Fotos von den 20ern bis in die 70er-Jahre verbringen. Manch' einer wird dabei mit Sicherheit wehmütig auf die abgebildeten Preistafeln schauen.
Die Kapitel im Einzelnen:
- Die Henne oder das Ei - Als Bertha Benz 4,5 Liter Sprit brauchte
- Klein Amerika in Süddeutschland - Das Tankstellennetz der GIs
- Tanken im Wirtschaftswunder - Viele Tankstellen für viele Autos
- Deutschland verreist mit dem Auto - Tanken mit Coupons
- Das hochmobile Jahrzehnt - Zapfkultur in den 60er Jahren
- Tanken in der DDR - Volkseigenes Gemisch für volkseigene Bürger
- Benzin teurer als Cola - Ölpreisschock, Fahrverbot und Selbstbedienung
(mdr)