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Stromer vor der Steckdose - Von IKM-Mitglied Johannes Hübner

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Stromer vor der Steckdose
Eine Betrachtung von IKM-Mitglied Johannes Hübner

Bezüglich Elektroautos scheint es ähnlich zu sein, wie mit der Abwrackprämie: Viel Euphorie und wenig Kenntnis über die Zusammenhänge! Die Öffentlichkeit scheint entweder zu glauben,  das Thema "Nachladen" mit ein paar Fotozellen auf dem Dach zu erledigen oder man vertraut darauf, daß der Strom einfach aus der Steckdose kommt.

Doch genau da fangen die Probleme an: Je leistungsfähiger ein Elektromotor, desto höherder erforderliche Ladestrom. Was hinten rauskommt, muß vorher erst mal rein.

"Der Tesla geht 200 km/h!", jubeln manche Medien. Daß er dies höchstens für 11 Minuten könnte, geht in der Euphorie leise unter. Die Kapazität der besten Akkus gibt einfach noch nicht mehr Speicherkapazität, d.h. im Endeffekt "Reicheweite", her. Mittelfristig werden deshalb die Hybridfahrzeuge das Rennen um die Kundengunst machen, die ihre Batterien während der Fahrt mit einem bei umweltfreundlicher Permanentdrehzahl laufenden Verbrennungsmotor nachladen, der Diesel, Benzin, Alkohol oder Gas verbrauchen kann.

Beim Genfer Salon fiel auf, daß kein Hersteller in seinen Unterlagen zu Elektroautos den erforderlichen Ladestrom und die notwendige Ladezeit nennt und in manchen Fällen, wie beim Kult-Elektroauto "Tesla", sind die knappen Angaben sogar falsch oder irreführend.

Er sei in 45 Minuten zu laden, liest man. Der erforderliche Ladestrom betrüge dann 55 kWh - das sind 55000 Watt! In zwei Stunden bräuchte man eine Anschlußleistung von 27500 W, bei vier Stunden Ladezeit immer noch 13750 W und schließlich bei acht Stunden Ladezeit immer noch so viel, daß jede Hausleitung durchglühen würde: 6875 W oder 6,87 kWh.

Der einzig serienreife Elektrowagen, der Mitsubishi MiEV, braucht auch immerhin 15000 Watt, d.h. beim Nachladen in vier Stunden immer noch 3750 W und in acht Stunden mit 1,8 kWh so viel, wie ein dauerlaufender Heizlüfter. Drei Elektro-KFZ dieses Typs in einem Mietshaus, würden die Aufrüstung auf 380 V Drehstrom nötig machen.

Die Stromversorger schätzen, daß1/3 der deutschen Hausanschlüsseauf 380 V Drehstrom hochgerüstet werden müßten, um Minister Gabriels Traum von 1 Million Elektroautos in 2020 zu versorgen. Beim Tesla würde dies jedoch nichts nützen: Es gibt ihn nur mit 220 V-Anschluß.

"Fiebern nach Strom" war deshalb im Magazin "Der Spiegel" die richtige Überschrift: Manche Hersteller ergötzen sich an unsinnigen 200 km/h-Elektroautos (Fisker, Lightning, Tesla etc.) mit 10 Min. Reichweite unter Vollast, anstatt möglichen Kunden die physikalischen Rahmenbedingungen klarzumachen. Ein machbares Elektroauto darf bei praktikabler Reichweite von rund 150 Kilometern max 750 kg Gewicht und höchstens 25 kw/h Leistung haben. Hinzu kommen konsequenter Leichtbau wie beim Misubishi MiEV. Nur dann haben Stromer eine Chance. Die Erfinder des LoReMo (LOw REsistance MObile) aus Norddeutschland hatten dies erkannt, doch das richtungsweisende Zukunftsauto wird es wohl leider nicht in die Serienfertigung schaffen.


LoReMo

Außerdem: wenn sich die Industrie nicht auf einheitliche Stecker, Stromstärken und Batterieformate einigt, gibt's beim Auto ein sehr teures "Handy-Ladekabel-Akku-Durcheinander" im Großformat. Das wäre der Tod der Elektroideen.

Johannes Hübner