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Sitzung des Parlamentskreises Automobiles Kulturgut am 10.02.2010 in Berlin

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Am vorvergangenen Mittwoch, dem 10.02.2010, fand die erste Arbeitssitzung des Parlamentskreises „Automobiles Kulturgut“ im Deutschen Bundestag in Berlin statt. Die Tagesordnung versprach Interessantes, fanden sich darin doch viele Punkte, die uns allen unter den Nägeln brannten. Mit großer Neugier fuhr ich also nach Berlin, um mit hoffentlich positiven Resultaten wieder nach Hause zu fahren. 

Zum Auftakt der Sitzung übergab der bisherige Vorsitzende des Kreises, Herr Dr.Andreas Scheuer (CSU), inzwischen parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und daher nicht mehr für dieses Amt verfügbar, das Ruder desselben in die Hände Jens Koeppens (CDU). Dr.Scheuer wird dem Kreis jedoch weiterhin erhalten bleiben.

Punkt eins der Tagesordnung betraf evtl. drohende Fahrverbote für Oldtimer in Umweltzonen durch die seit 01.01.2010 geltenden Grenzwerte für Stickoxid (NOx). Zur sichtlichen Zufriedenheit aller Beteiligten, konnte dieser Punkt rasch abgehandelt werden. Die, zu meiner großen Freude zahlreich anwesenden, Bundestagsabgeordneten konnten vermelden, daß die bislang geltenden Ausnahmeregelungen für mobiles Kulturgut ungeändert weiter gelten werden.

Anschließend wurde über die ernsthaften Bestrebungen des Bundesverkehrsministeriums berichtet, ein Wechselkennzeichen einzuführen. Im Moment müssen noch, u.a. mit dem Versicherungswesen, die Details geklärt werden. Noch sind zu viele Fragen offen, um ein abschließendes Ergebnis präsentieren zu können. Die Botschaft dahinter ist jedoch ganz klar: Wenn’s umsetzbar ist, wird’s auch eingeführt! Leider wurden im Zuge der Wechselkennzeichendiskussion aus dem Kreis Rufe nach gleichzeitiger Abschaffung des 07er-Kennzeichens laut. Daß wir jedoch über eine Wechselkennzeichenlösung für Alltagsautos und nicht für Oldtimer diskutierten, schien vereinzelt nicht offenbar gewesen zu sein. Ich kann nur dringend davor warnen, das 07er-Kennzeichen zur Disposition zu stellen. Es gibt Fahrzeuge, die sich nur mit 07er bewegen lassen und ohne dieses zum Stillstand verdammt wären. Der immer wieder gebetsmühlenartig hervorgebrachte angebliche Mißbrauch im großen Stil blieb mir bislang bei meinen zahlreichen alljährlichen Besuchen von Oldtimerveranstaltungen bundesweit, verborgen. Daß jedwedes System zu Missbräuchen verleitet, dürfte kein Novum sein und sich in unserer Gesellschaft nicht nur auf die 07er beschränken. Der Gesetzgeber hat schließlich klare Regeln für die Nutzung des roten 07er Kennzeichens aufgestellt und die Möglichkeiten zur Sanktionierung von Mißbrauchsfällen geschaffen. Ich wehre mich entschieden gegen Versuche, der übergroßen Mehrheit ehrlicher 07er-Nutzer Restriktionen aufzuerlegen, statt mit den vorhandenen rechtlichen Instrumentarien gegen die verschwindende Minderheit derer, die ihre 07er Kennzeichen mißbräuchlich nutzen, vorzugehen.

Nahtlos ging es dann über zum Thema bzgl. der Verwendung des 07er-Kennzeichens im Ausland. Nach wie vor obliegt die Anerkennung desselben dem jeweiligen Einreiseland. Das Thema EU-weit zu diskutieren wurde für wenig sinnvoll erachtet, da in Deutschland relativ liberale Regelungen in Bezug auf die Nutzung der 07er-Nummer gelten, die in dem einen oder anderen EU-Land keine Parallelen haben. Man befürchtet bei einer EU-weiten Thematisierung Nachteile für deutsche Oldtimerfahrer durch „Gleichmachung“. Ich möchte an dieser Stelle nochmals auf unsere 07er-Merkblätter fürs Ausland hinweisen, welche zwar keine Rechtssicherheit bieten können, doch vor Ort zur Aufklärung in Bezug auf das Kennzeichen beitragen können. Die Merkblätter sind in zahlreichen Sprachen auf dem Infoportal der Initiative unter „Dokumente“ abrufbar.

Mit der Zertifizierung von spezialisierten Oldtimerwerkstätten sowie der Einführung des Berufsbildes des Oldtimerrestaurators beschäftigte sich das Plenum anschließend. Frau Zeus, vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, informierte die Runde, daß eine bundesweite Abfrage einen Bedarf von 36 Stellen für das geplante Berufsbild zutage förderte. Diesem Stande nach, könnte der neue Lehrberuf nicht eingeführt werden. Dies wurde von den Teilnehmern mit großem Erstaunen und Skepsis zur Kenntnis genommen. Noch gibt es viele Vertreter "alter" Kfz-Berufe, deren Zahl jedoch immer weiter sinkt. So könnte das neue Berufsbild erst in der Zukunft an Bedeutung gewinnen.

Punkt fünf der Tagesordnung sah die Diskussion um die Beibehaltung des H-Kennzeichens bei einem Gasanlageneinbau vor. Hier gingen die Meinungen auseinander, der Punkt wurde kontrovers diskutiert. Während die Befürworter mit einer bis in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts währenden Umbautradition sowie der jederzeit wieder rückrüstbaren Komponente argumentierten, führten die Gegner den massiven Eingriff in die Originalität des Fahrzeuges ins Felde. Überdies gebe es ja bereits Anerkennungskriterien. Wenn die Gasanlage entweder in den ersten zehn Jahren der Erstzulassung eingebaut wurde oder bereits zwanzig Jahre eingebaut ist, steht einer Anerkennung nichts im Wege. Dies straft allerdings diejenigen, die heute nachrüsten möchten und deren Fahrzeug nachweislich mit einer Gasanlage ausgerüstet, zeitgenössisch unterwegs wären. Dieses Thema wird uns auch in Zukunft weiterhin beschäftigen.

Der am kürzesten diskutierte Punkt betraf die Gewährung einer generellen Ausnahme vom Sonntagsfahrverbot für Oldtimer-LKW. Nach Aussage von Stefan Röhrig, des Vertreters des VDA (Verband der Deutschen Automobilindustrie), besteht nach dessen Rücksprache mit der NVG (Nutzfahrzeug-Veteranen-Gemeinschaft), dem größten Club für Liebhaber historischer Nutzfahrzeuge, kein Bedarf an einer generellen Ausnahme unter den NVG-Mitgliedern, da die bestehenden Möglichkeiten zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen als ausreichend erachtet werden. Daher sah der Parlamentskreis "Automobiles Kulturgut" auch keinen Anlass für weitere Aktivitäten.

Der nächste Sitzungstermin wurde auf Ende Mai/Anfang Juni angesetzt.

Doch auch außerhalb des Arbeitskreises gibt es ein wenig was zu vermelden. So hat der DEUVET bekanntgegeben, daß neben Bremen nun auch Hessen alte DIN-Kennzeichen bei Oldtimern zulässt. Es wäre zu begrüßen, wenn dieses Beispiel auch in anderen Bundesländern Schule machen würde.

Des weiteren darf die IKM einen neuen Club in ihren Reihen begrüßen: Der Motorsport-Club Ludwigsburg im ADAC e.V. hat im Januar seinen Beitritt erklärt. Wir heißen die „Motorsportler“ ganz herzlich in unseren Reihen willkommen!

Erkundigen Sie sich auf unserem Infoportal im Internet über die Heckmotortypen der dreißiger Jahre von Mercedes-Benz sowie über die Entwicklungsgeschichte der S-Klasse der Baureihe W126. Außerdem stehen Ihnen in unserer Literaturecke die Rezensionen des Typenkompasses über Lancia-PKW ab 1945 und die neu aufgelegte Typologie von Werner Oswald über die Mercedes-Benz Lastwagen und Omnibusse von 1896-1986 zur Verfügung.

Abschließend möchte ich Sie noch darauf aufmerksam machen, daß die Initiative Kulturgut Mobilität vom 11.-14.03.2010 auf der Retro-Classics in Stuttgart wie gehabt auf der Empore in Halle 1, direkt neben dem ASC, zu finden ist und wir uns über Ihren Besuch zum Meinungsaustausch sehr freuen würden. Auf der Techno-Classica finden Sie uns voraussichtlich in Halle 5, Stand 317. (mdr)

Nachtrag:

Nachdem die Aussage über das Sonntagsfahrverbot für LKW für Irritationen unter  den Oldtimer-LKW-Liebhabern gesorgt hat, habe ich mich mit dem Vorsitzenden der Nutzfahrzeug-Veteranen-Gemeinschaft, Herrn Kurt Theopold, unterhalten.

Seit Jahren hatte die Nutzfahrzeug-Veteranen-Gemeinschaft bei ihren Gesprächen immer wieder darauf hingewiesen, daß eine Änderung des Sonntagsfahrverbotes herbeigeführt werden muß. Auf der Verkehrsministerkonferenz im Oktober 2007 in Merseburg hatten die Verkehrsminister der Länder einstimmig beschlossen, daß sich die Genehmigungspraxis in den Ländern an bestimmten Kriterien ausrichten soll.

Als erstes Bundesland setzte Nordrhein-Westfalen die neue Genehmigungspraxis um. Das Ministerium für Bauen und Verkehr in NRW hat in einem Erlaß vom 13. Februar 2008 die Bezirksregierungen Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster gebeten, "ab sofort nach den neuen Ausnahmeregelungen zu verfahren und die zuständigen Behörden entsprechend zu informieren."

Die bisherigen Erlasse zum Sonn- und Feiertagsfahrverbot wurden – soweit sie nicht die Auslegung der gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände betreffen – vom Ministerium aufgehoben.

Somit erhält jedes NVG-Mitglied bei den entsprechenden Stellen eine Ausnahmegenehmigung. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.

Die jahrelange Arbeit auf den verschiedenen Ebenen seitens des Vorstandes der Nutzfahrzeug-Veteranen-Gemeinschaft, verbunden auch mit dem DEUVET, haben viele positive Veränderungen und Möglichkeiten der weiteren Nutzung der schweren Oldtimer ermöglicht.

Dazu gehört auch das bisher Erreichte zum Thema Sonntagsfahrverbot.

Unter bestimmten Bedingungen haben die Verkehrsminister den Nutzfahrzeug-Veteranen-Freunden die Möglichkeit gegeben, für jeden LKW-Oldtimerfreund eine Ausnahme zu erhalten.

Weitere generelle Änderungen des Sonntagsfahrverbotes werden seitens der Bundesregierung nicht durchgeführt. Es droht dann der Bundesregierung, daß die EU das gesamte Gesetz des Sonntagsfahrverbotes einziehen wird. Diese Position wird derzeitig durch niemanden zu ändern sein.

Daher ist der NVG Vorstand mit der bisher erreichten Lösung zufrieden, wenn es weiteren Handlungsbedarf auch gibt, würde dieser die bisher erreichte Freistellung absolut gefährden.