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Sitzung des Parlamentskreises Automobiles Kulturgut am 16.06.2010 in Berlin

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Am vergangenen Mittwoch, den 16.06.2010, fand in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin die Sitzung des Parlamentskreises Automobiles Kulturgut statt. Rund 50 Teilnehmer von Clubs, der Industrie, der Medien, des Bundestags sowie der einschlägigen Interessensvertretungen fanden sich zusammen, um über verschiedene Sachverhalte informiert zu werden. Der Charakter dieses Treffens war ohnehin durch Informationsweitergabe statt Informationsaustausch geprägt.

Herr Koeppen (MdB CDU) wies erneut darauf hin, dass der Parlamentskreis kein beschließender Ausschuss sei, sondern sich als eine Art Frühwarnsystem versteht.

Herr Dr.Widuckel, Vorstand der Audi AG, gab eine Einführung in die Marke Audi, deren Vision, Leitbild und Grundwerte und ging auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen für die Automobilindustrie ein.

Herr Halder informierte die Runde, daß, obwohl erst relativ kurz ins Leben gerufen, sich der Parlamentskreis eines großen Zuspruchs sowohl von Seiten der Mitglieder des Bundestages als auch der Vertreter aus dem Oldtimerbereich erfreue.

Anschließend berichtete der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Herr Dr.Andreas Scheuer, daß das Thema „Wechselkennzeichen“ den zuständigen Ministern und auch dem Kanzleramt vorläge und zunächst positiv bewertet wurde. Das Wechselkennzeichen solle ohne große Beschränkungen in der Praxis einsetzbar sein. Es wird eine Einführung zu Beginn 2011 avisiert. Es gibt noch offene Fragen zu den Bereichen der Kennzeichengestaltung, der Platzierung des Kennzeichens, des Abstellens der Fahrzeuge auf der Straße sowie der Ausfertigung einzelner Fahrzeugdokumente. Nach Möglichkeit solle das Wechselkennzeichen für bis zu drei Fahrzeuge gelten.

Danach fand ein Oldtimer-Dauerthema den Weg aufs Tapet. Herr Bräuer von der DEKRA informierte über die Vereinbarkeit von H-Kennzeichen und dem damit verbundenen Umgang mit moderner Umwelt- und Sicherheitstechnik. Anhand von konkreten Beispielen machte Herr Bräuer deutlich, welche Art der Nachrüstung bei Oldtimern noch vertretbar sei. Betont wurde, dass man sich auch beim Thema Umrüstung, KAT-Einbau etc. nicht in einem rechtsfreien Raum befände. Die Authentizität des Fahrzeuges darf nicht verfälscht werden. Es widerspräche dem allgemeinen Anspruch, Oldtimer sukzessive mit moderner Technik auszustatten.
Es ergingen folgende Hinweise seitens Herrn Bräuer:

  1. Die Umrüstungen sollten sich grundsätzlich nicht negativ auf das Geräusch- und Abgasverhalten auswirken. Normen hierzu müssen eingehalten werden.
  2. Über dem § 23 StVZO steht immer die gesamte StVZO.
  3. Nachweispflichten liegen grundsätzlich beim Kunden/ Fahrzeughalter. (Beispiel: Gasanlageneinbau.) Es sollte bei Nach- und Umrüstungen zu keiner doppelten Vergünstigung auf steuerlicher Seite kommen (H-Kennzeichen/ Gasanlageneinbau).

Angeregt durch aggressiv anmutende Werbespots einiger Automobilhersteller (Fiat und Citroen z.B.), die ältere Fahrzeuge in Bezug auf die mögliche Schädigung der Umwelt verteufelt“ haben, hat die Oldtimer-Markt die Höhe des Kraftstoffverbrauchs von zwei Klassiker-Modellen mit dem ihrer „Enkel“ verglichen. Herr Steinfurth konnte vor versammelter Runde das Fazit ziehen, dass kein Fahrzeug der neuen Generation in dieser Kategorie das alte Modell zu unterbieten in der Lage war. Ferner wurden die neuen Modelle mit dem Ergebnis getestet, dass der in den Werksangaben kommunizierte niedrige Kraftstoffverbrauch auch bei sehr moderater Fahrweise nicht zu erreichen war. Zudem muss bedacht werden, dass die PKWs der jüngsten Generation zwar tatsächlich oftmals sparsamer im Verbrauch sind – die CO2 Belastung bei der Produktion jedoch nicht außer Acht gelassen werden sollte.

Herr Koeppen (MdB) griff dann erneut das in der letzten Sitzung (10.02.2010) angesprochene Thema des Berufsbildes des Oldtimerrestaurators auf. Es bestehe in der Praxis offenbar ein dringender Bedarf an Fachkräfte-Nachwuchs in den Bereichen Oldtimerrestaurierung, -wartung und -reparatur. Das Thema wurde daher von Herrn Koeppen in die AG Handwerk des Parlamentskreises Mittelstand der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag eingebracht. Dort fand dazu auch ein Gespräch mit Herrn Dr. Esser vom Zentralverband des Deutschen Handwerks statt. In diesem Kreis wurde über eine entsprechende Studie zum Qualifikationsbedarf und zu Qualifizierungskonzepten für die Facharbeit an historischen Fahrzeugen diskutiert, die zum Ende des vergangenen Jahres vom Institut für Technik und Bildung der Universität Bremen und des Berufsbildungsinstituts der Universität Flensburg vorgelegt wurde. Im Rahmen dieser Studie wurden mehrere Aus- und Weiterbildungsmodelle im Rahmen der Qualifizierung zur Aufbereitung historischer Fahrzeuge kritisch geprüft. Unter anderem wurde die Möglichkeit der Etablierung einer eigenständigen beruflichen Erstausbildung diskutiert. Die Zahlen in der Studie belegten jedoch, dass es nicht sinnvoll erscheint, einen eigenständigen Ausbildungsberuf zu etablieren: Die prognostizierten Auszubildendenzahlen für einen eigenständigen Ausbildungsberuf zum z.B. Fahrzeugrestaurator würden maximal 36 Auszubildende betragen, wie Frau Zeus vom Zentralverband des deutschen KFZ-Gewerbes bereits in der Sitzung vom 10.02.2010 berichtete. Diskutiert wurde im Kreis der Anwesenden über die Möglichkeiten einer eigenen Ausbildung oder einer Ausbildung zum Mechatroniker mit Zusatzqualifikation (Oldtimer „on top“). Frau Zeus informiert über den Beginn eines Pilotprojektes in diesem Jahr: Mechatroniker-Ausbildungsbetriebe schicken dabei Auszubildende zu einer entsprechenden Zusatzqualifikationsmaßnahme. Der Bedarf wird sich dann abzeichnen. Fazit: Der in der Runde der Anwesenden gefühlte Bedarf nach einem Beruf mit dieser Qualifikation ist wesentlich höher als die Studie es offensichtlich zeigt. Kein Konsens herrscht in der Runde darüber, ob es sich hierbei um einen eigenen Ausbildungsberuf handeln sollte oder eine Zusatzqualifikation für Mechatroniker. Das Thema wird in der nächsten Sitzung noch einmal aufgegriffen.

Willy Hof vom VFV (Veteranen-Fahrzeug-Verband) berichtete, dass es seit der Einführung der derzeit geltenden Fahrzeugzulassungsordnung (2006) keine Regelung hinsichtlich er Nummernschildgröße von Motorrädern gebe. Zwar geben ca. 75% aller deutschen Zulassungsstellen weiterhin kleine Schilder aus, der Rest besteht jedoch auf großen Schildern, was zu Lasten der Optik und der Sicherheit (Ausleuchtung) geht. Es wurde die Bitte an Herrn Dr. Scheuer herangetragen, sich der Sache anzunehmen.

Als Schlusspunkt berichtete Herr Röhrig vom VDA von den Plänen der EU-Kommission, die sich hinsichtlich des Umgangs mit Automobilen große Ziele gesetzt haben, welche der Oldtimerei langfristig das Leben deutlich erschweren könnten/würden. Dreh- und Angelpunkt ist die 2005 verabschiedete „European Road Safety Action“, die sich zum Ziel gemacht hat, die Zahl der Verkehrstoten bis 2020 zu halbieren. Diese Vereinbarung zieht weitere geplante Maßnahmen (Tagfahrlicht, intelligente Sicherheitsgurte, automatische Geschwindigkeitsbegrenzung, elektronische Kommunikationsmöglichkeiten der Fahrzeuge untereinander, etc.) nach sich. Der Oldtimer würde somit nicht nur als „lauter Stinker“ verschrien, sondern zudem noch ein Sicherheitsrisiko im Straßenverkehr darstellen. Am 24.06.2010 wird die EU ein Papier zu diesem Thema verabschieden. Herr Röhrig merkt an, dass es gelungen sei, eine Formulierung aufzunehmen, die historische Fahrzeuge außen vor lässt. Anhand dieses Beispiels zeige sich, wie wichtig Lobbyarbeit auch in diesem Bereich ist, da man frühzeitig Strömungen erkennen und diesen entgegenwirken kann.