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Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt

Dieses Zitat stammt aus Schillers "Wilhelm Tell", es könnte aber auch das eine oder andere Nachbarschaftsverhältnis von Oldtimerfreunden kennzeichnen. Grundsätzlich ist es immer ratsam, sich gut mit den Nachbarn zu stellen. Dies gelingt aber nicht immer, wie u. a. manche Gerichtsverfahren belegen. So gibt es immer wieder auch Nachbarn, die sich darüber beschweren, dass auf dem Grundstück eines Oldtimerfreundes Schrott oder sonstiger verbotener Abfall rechtswidrig gelagert werde. Was der eine als Abfall ansieht, ist für den anderen ein Restaurierungsobjekt oder zumindest ein sogenannter Teileträger. Wenn beide Parteien diese Frage nicht bei einer guten Kasse Kaffee oder einem Glas Bier intern klären können, kommen oft die Behörden ins Spiel, hier die Abfallämter. Wenn diese das "alte Blech" dann auch für Abfall halten, droht gleich zweierlei Ungemach:

Zum einen wird dann häufig eine verwaltungsrechtliche Verfügung ergehen, die den Oldtimerbesitzer auffordert, den "Abfall" bis zum Ablauf einer bestimmten Frist ordnungsgemäß über einen zertifizierten Abfallbetrieb (Schrottplatz) zu entsorgen und dies nachzuweisen. Ein vorheriges Ausschlachten ist nicht gestattet.

Zum anderen droht auch ein Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren wegen unerlaubter Lagerung, Behandlung oder Entsorgung von Abfall.

Strafverfahren sind in diesem Bereich eigentlich eher selten. Im Fall eines Stuttgarter Oldtimerfreundes hatte die Staatsanwaltschaft jedoch einen Strafbefehl beim Amtsgericht Stuttgart erwirkt, gegen den der Betroffene Einspruch eingelegt hat. In mündlicher Verhandlung hat dann das Amtsgericht eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen wegen unerlaubten Umgangs mit Abfällen gemäß § 326 Abs. 1 Nr. 4a StGB ausgesprochen. Hiergegen hat der Betroffene Berufung eingelegt. Das Landgericht hat Ihn jetzt freigesprochen.

Was steckt hinter diesen widersprüchlichen Urteilen und welche Schlüsse können Oldtimerbesitzer daraus ziehen, wenn sie selbst Fahrzeuge auf einem Grundstück abstellen wollen?

Im vorliegenden Fall ging es um einen Renault Twingo Baujahr 1995. Die Besonderheit des Fahrzeuges lag an der Bearbeitung durch eine bekannte Tuningfirma und an dem insoweit erfolgten Einbau eines Kompressors. Solche Fahrzeuge sind besonders selten. Aus diesem Grund sollte das Fahrzeug auch restauriert werden.

Der Eigentümer hatte bereits begonnen, Ersatzteile zu erwerben und das Fahrzeug teilweise zu zerlegen. Das Fahrzeug stand nicht abgeschlossen und nicht abgedeckt im Freien in der Nähe des Gehwegs auf einem nicht abgezäunten Privatgrundstück. Die Abfallbehörde ging davon aus, dass die ursprüngliche Eigenschaft als Fahrzeug nicht mehr gegeben war und es sich deshalb um Abfall handele. Erschwerend wurde gewürdigt, dass das Motorenöl noch nicht abgelassen war, allerdings war der Motor auch dicht.

Das jetzt in zweiter Instanz entscheidende Landgericht hat allerdings eine Strafbarkeit verneint. Es hat dem Angeklagten geglaubt, dass das Fahrzeug restauriert werden soll. Eine unmittelbare Umweltgefährdung sei nicht gegeben, insbesondere sei kein Öl aus dem Motor ausgelaufen. Dabei hat das Gericht zunächst berücksichtigt, dass der Angeklagte schon früher Fahrzeuge restauriert habe, u. a. einen Opel Rekord, ein Mercedes W111 Cabrio und eine W 123 Limousine. Zum Teil besitzt der Angeklagte diese Fahrzeuge noch heute und sie haben teilweise auch ein H-Kennzeichen.

Für die Glaubwürdigkeit des Angeklagten sprach auch, dass er bereits zahlreiche Neuteile für das Fahrzeug bestellt oder sogar schon beschafft hatte, die für die Restaurierung erforderlich waren. Damit handele es sich bei dem Fahrzeug laut Gericht schon gar nicht um Abfall, sodass der Angeklagte nicht wegen eines verbotenen Umgangs mit Abfall strafbar gemacht werden konnte. Um Abfall handelt es sich nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz dann, wenn der Besitzer sich beweglicher Gegenstände entledigt hat, sich ihrer entledigen will oder entledigen muss. Es war offensichtlich, dass der Angeklagte sich des Fahrzeuges nicht entledigt hatte und auch nicht entledigen wollte. Er muss sich aber auch des Fahrzeugs nicht entledigen.

Zur Zeit kann das Fahrzeug zwar nicht mehr im Sinne seiner ursprünglichen Zweckbestimmung zum Transport von Personen oder Sachen verwendet werden. Da das Fahrzeug restauriert werden soll, werde die Umwelt nicht gefährdet und ein Gefährdungspotenzial könne auch durch eine ordnungsgemäße Verwahrung, z. B. nach Ablassen des Motoröls, ausgeschlossen werden. Eine Gefährdung, z. B. für spielende Kinder, konnte insbesondere dadurch ausgeschlossen werden, dass das Fahrzeug abgeschlossen und durch eine Folie abgedeckt wurde. Das Motorenöl konnte abgelassen oder der Motor ausgebaut werden. Da dies vor Erlass des Urteils geschehen war, ging von dem Fahrzeug keine Gefahr mehr aus und eine Vernichtung des Fahrzeuges war nicht erforderlich. Daher wurde der Angeklagte in zweiter Instanz freigesprochen.

Praxistipp vom Oldtimeranwalt

Wer Restaurierungsobjekte in geschlossenen Räumen abstellt, hat in der Regel keine Probleme. Dabei sollten jedoch alle brennbaren Flüssigkeiten, also insbesondere Kraftstoffe, Öle, Bremsflüssigkeit, Kühlmittel für eine eventuelle Klimaanlage o. Ä. abgelassen werden. Dies gilt erst recht bei einem Abstellen im Freien. Wichtig ist bei einem Abstellen unter freiem Himmel auch, dass eine Verschlechterung des Zustandes durch die Art der Lagerung ausgeschlossen wird. Dies bedeutet in der Regel ein Abstellen nicht auf Erde oder Wiese, sondern auf einem befestigten Untergrund. Ferner muss beispielsweise durch ein Dach (z.B. Carport) oder zumindest eine das gesamte Fahrzeug umspannende Folie ein Schutz vor Regen, Schnee usw. gewährleistet sein. Es sollten auch keine anderen Gegenstände auf oder in dem Fahrzeug gelagert werden, insbesondere sollte nicht der Eindruck entstehen, dass dort Müll gelagert wird. Das Grundstück sollte auch eingezäunt sein, um zu verhindern, dass sich etwa spielende Kinder verletzen.

Neben diesen Maßnahmen gegen eine drohende Verschlechterung des Zustandes muss auch die konkrete und möglichst belegbare Absicht einer Restaurierung bestehen. Dies lässt sich am ehesten belegen, wenn die Arbeiten ersichtlich bereits begonnen haben und dabei Neuteile eingebaut oder zumindest beschafft worden sind.

Übrigens: Das Ausschlachten von Fahrzeugen ist in der Tat verboten.

Nach einer neueren Entscheidung muss sich eine Restaurierung wirtschaftlich nicht lohnen. Zulässig sind insoweit auch Restaurierungen, die mehr kosten, als das restaurierte Fahrzeug dann einmal Wert ist. Insoweit wird bei Oldtimern ein anderer Maßstab als bei "normalen" Fahrzeugen angelegt. Hintergrund hierfür können individuelle Interessen (z. B. wenn das Fahrzeug aus der Familie stammt) sein. Auch die Erhaltung von Kulturgut spielt insoweit eine Rolle.

Um die gute Nachbarschaft nicht zu strapazieren und unangenehme Diskussionen mit der Abfallbehörde zu vermeiden reicht aber oft aus, das Grundstück und die Fahrzeuge in einem ordentlichen aufgeräumten Zustand abzustellen und erkennbar mit Arbeiten zu beginnen. Wenn man den Nachbarn nicht den Anblick einer "Müllhalde" zumutet, gibt es erfahrungsgemäß auch eher angenehme Gespräche am Gartenzaun als Ärger mit der Behörde. Wenn es aber doch einmal so weit kommt, ist die schelle Einschaltung anwaltlicher Hilfe dringend anzuraten, um Schaden abzuwenden.

Ihr/Euer

Michael Eckert

 

Michael Eckert ist Rechtsanwalt und Spezialist für Oldtimerrecht in Heidelberg (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) sowie Mitglied im Vorstand der IKM