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Was tun gegen Blechklopfer & Co. - Oldtimer als „mobiles Freiwild“?

Stellen Sie sich vor: Sie nehmen an einer Oldtimerausfahrt teil und stellen Ihren 190 SL während der Mittagsrast auf dem Marktplatz ab. Plötzlich setzt sich ein wildfremder Mann hinters Steuer und lässt sich von seiner Freundin für ein Erinnerungsfoto ablichten. Anschließend beklopft er noch ein wenig das „gute alte Blech“, befingert die Chromteile oder posiert womöglich sogar noch gemeinsam mit einem Kumpel auf der Motorhaube. Als es Ihnen zu bunt wird und Sie den „Eindringling“ mit einem beherzten Griff aus ihrem Schmuckstück herausziehen, setzt dieser sich auch noch zur Wehr und versetzt Ihnen einen Schlag ins Gesicht.

Gleich mehrere Fragen drängen sich in solchen und ähnlichen Situationen auf:

Was kann ich als Oldie-Fahrer gegen solche Leute tun? Wie weit darf ich dabei gehen?

Machen es sich Fremde einfach in Ihrem Oldie bequem, nur weil das Verdeck offen steht und der Oldie so „einladend“ aussieht, stellt dies juristisch eine sogenannte „verbotene Eigenmacht“ dar. Selbstverständlich ist es nicht einfach zulässig, in fremden Fahrzeugen Platz zu nehmen, nur weil sich (hier: bauartbedingt) dem keine besonderen Hindernisse in den Weg stellen. Das gleiche gilt natürlich für eine Limousine, die unverschlossen ist, in die man also durch schlichtes Öffnen der Tür einsteigen könnte.

Der Fahrzeugbesitzer, der sich einer solchen verbotenen Eigenmacht ausgesetzt sieht, hat nach dem Gesetz das Recht, sich hiergegen sogar „mit Gewalt“ zu wehren.

Doch Vorsicht: Die „Gewalt“ muss wohldosiert und „angemessen“ sein. Es ist wohl kaum ohne weiteres gerechtfertigt, wenn – wie hier – der „Eindringling“ ohne Vorankündigung „an den Haaren hinausgezerrt“ wird. Zwar gilt der vielversprechende Satz: “Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen“ – trotzdem müssen Gegenmaßnahmen verhältnismäßig sein.

Hier liegt der Hase im Pfeffer: In der oben geschilderten Situation wäre es sicherlich angebracht gewesen, die betreffende Person kurz aufzufordern, das Fahrzeug zu verlassen. Wäre die Person dieser Aufforderung nicht nachgekommen, wäre es sodann auch zulässig gewesen, sie aus dem Fahrzeug hinauszuziehen.

Für die Reaktion der betroffenen Person – den Schlag ins Gesicht – gilt Entsprechendes. Ist das Hinausziehen der Person aus dem Fahrzeug verhältnismäßig und damit rechtmäßig, ist das „sich wehren“ unzulässig. Anders wäre dies aber, wenn das Hinausziehen selbst schon unverhältnismäßig war. Also: ohne Warnung herausziehen kann unter Umständen unverhältnismäßig sein mit der Folge, dass sich die von diesem „Angriff“ betroffene Person hiergegen zur Wehr setzen dürfte.

Soweit das Hinausziehen aus dem Fahrzeug nach der Weigerung auszusteigen aber rechtens war und der „Besetzer“ dann auch noch rabiat wird, kann unser verletzter Oldie-Besitzer Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche haben und auch eine Strafanzeige wegen Körperverletzung erstatten.

Fazit:

Niemand muss sich gefallen lassen, dass Fremde einfach an ihrem Oldtimer „herumfingern“. Maßnahmen, die der Oldtimer-Besitzer hiergegen ergreift, müssen aber verhältnismäßig sein: sie sollten einerseits möglichst „mild“ sein, müssen andererseits aber auch geeignet sein, den rechtswidrigen Zustand effektiv zu beseitigen. Für die Angemessenheit der Reaktion kommmt es immer auch auf die konkrete Situation an: Muss der Oldie-Besitzer akut mit einer Beschädigung rechnen oder sitzt der Fremde „einfach nur“ im Auto?

Was sind meine Rechte, wenn der „ungebetene Besucher“ Schäden am Fahrzeug verursacht?
(Wie) kann ich ihn zur Herausgabe seiner Personalien bewegen?

Verursacht die fremde Person Schäden am Fahrzeug, besteht grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch des Oldie-Besitzers. Dies steht im Gesetz. Schwierigkeiten könnte es hier allenfalls dann geben, wenn die fremde Person den Schaden unverschuldet verursacht hat. Dies dürfte in der Praxis allerdings der absolute Ausnahmefall sein. Allgemein gilt: Wer sich in ein fremdes Auto setzt, haftet für dadurch entstehende Schäden.

Will der Schädiger sich einfach „davonmachen“, ohne seine Personalien mitzuteilen, müssen Sie sich dies nicht gefallen lassen. Sollte der Fremde die Schäden absichtlich verursacht haben, läge eine strafrechtlich relevante Sachbeschädigung vor – in diesem Falle können Sie „zugreifen“, d.h. den Straftäter auf frischer Tat festnehmen. Aber auch dann, wenn eine Straftat – also etwa ein absichtliches und willentliches Beschädigen – nicht sicher vorliegt, gibt es ein gesetzlich verankertes Recht zur sog. „Selbsthilfe“.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt für diese Fälle in seinem § 229 ausdrücklich: „Wer zum Zwecke der Selbsthilfe (...) einen Verpflichteten, welcher der Flucht verdächtig ist, festnimmt, (...) handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert würde“.

Grundsätzlich liegt das sogenannte „Gewaltmonopol“ beim Staat. In den engen (!) Grenzen der geschilderten Selbsthilfe ist es aber zulässig, einen Anspruch auch durch „private Gewalt“ zu sichern. Sie dürfen also den „Eindringling“ festhalten, um seine Personalien herauszubekommen oder ihn am „Tatort“ zu halten, bis „obrigkeitliche Hilfe“ (im Klartext: die Polizei) eintrifft.

Achten Sie darauf, sich vom Schädiger einen Personalausweis geben zu lassen, damit Sie später nicht auf irgendwelchen erfundenen „Phantasienamen“ sitzen bleiben und keine Handhabe mehr gegen den dann unbekannten Schädiger haben. Im Zweifelsfall sollten Sie immer die Polizei holen.

Wie ist das weitere juristische Vorgehen? Was passiert, wenn der Schädiger mittellos ist?

Das weitere juristische Vorgehen läuft dann im bekannten Muster ab: Der Rechtsanwalt fordert den Schädiger zum Ausgleich des Schadens auf. Verweigert dieser die Zahlung, kann der Rechtsanwalt einen Mahnbescheid beantragen und notfalls gegen den Schädiger klagen. Hier sollten Sie jedenfalls anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, um Ihre Rechte bestmöglich zu prüfen und durchzusetzen.

Stellt sich bei alledem freilich heraus, dass beim Schädiger „nichts zu holen“ ist, muss man im Einzelfall überlegen, welcher Weg am vielversprechendsten ist. Es bringt nichts, nur unnötig Kosten zu produzieren, auf denen Sie am Ende sitzen bleiben. Andererseits ist zu bedenken, dass aus einem sogenannten „Titel“ (etwa einem gerichtlichen Urteil) in der Regel bis zu 30 Jahre lang vollstreckt werden kann. Auch wenn der Schädiger derzeit mittellos ist, kann ein solcher Titel also durchaus sinnvoll sein. Bei alledem sollten Sie sich möglichst durch einen Anwalt beraten und vertreten lassen.

Was passiert, wenn ein Fremder beispielsweise beim Einsteigen den Gang herausdrückt, das Auto losrollt und Personen- oder Sachschäden verursacht sowie selbst beschädigt wird?

Die Sicherungspflichten beim Verlassen von Kraftfahrzeugen diskutieren die Juristen schon seit langem. Die genauen Grenzen sind immer wieder durch Einzelfallrechtsprechung abgesteckt worden.

Eine Sicherungspflicht besteht beim Verlassen des Fahrzeuges. Ein solches Verlassen – dies ist wichtig! – liegt auch dann vor, wenn das Fahrzeug noch in Sichtweite bleibt, Sie also beispielsweise in einer nahen Gaststätte oder einem Cafe sitzen. Von einem „Verlassen“ kann man nur dann und nur solange nicht sprechen, wie Sie eine unbefugte Benutzung des Fahrzeuges noch sicher verhindern können.

Das Anziehen der Handbremse ist dabei eine Sicherungsmaßnahme, die Sie bereits unter dem Aspekt der Verkehrssicherungspflicht vornehmen müssen. Parken Sie Ihr Fahrzeug im Gefälle, müssen Sie es unter Umständen auch durch weitere Maßnahmen gegen Abrollen sichern (z.B. Gang einlegen, Keil, Stein, Einschlagen der Vorderräder hangwärts).

Zu den Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Benutzung gehört jedenfalls, dass Sie bei Verlassen des Fahrzeuges stets den Zündschlüssel abziehen. Ein gegebenenfalls vorhandenes Lenkradschloss sollten Sie verriegeln bzw. eine Lenkradkralle anlegen. Fenster und Türen des Fahrzeuges müssen Sie grundsätzlich schließen; allerdings gibt es auch Gerichtsentscheidungen, die spaltweit geöffnete Fenster nicht beanstandet hatten.

Wichtig: Bei Cabriolets verlangt die einschlägige Verwaltungsvorschrift nicht, dass das Verdeck geschlossen wird.

Praxistipp: Klären Sie mit Ihrer Versicherung ab, welche Voraussetzungen dort im Einzelnen aufgestellt werden, damit Sie am Ende nicht Gefahr laufen, Ihren Versicherungsschutz zu verlieren.

Übrigens: Dass Sie Ihr Fahrzeug bei Verlassen ordnungsgemäß sichern, liegt in Ihrem ureigensten Interesse. Bei unbefugter Benutzung des Fahrzeuges besteht nämlich regelmäßig nicht nur eine Haftung des Fahrers, sondern auch Sie persönlich als Halter des Fahrzeuges können in Anspruch genommen werden.

Fazit:
Wenn also beispielsweise – wie oben geschildert – ein ungebetener Besucher dafür sorgt, dass das Fahrzeug losrollt und hierdurch Personen- oder Sachschäden verursacht, haftet zunächst derjenige, der den Schaden unmittelbar verursacht hat. Eine Haftung des Oldtimerbesitzers als Halter ist aber ebenfalls gegeben – insofern droht Ihnen spätestens dann „Ungemach“, wenn beim unmittelbaren Schädiger „nichts zu holen“ ist.

Macht es einen Unterschied, ob das Auto im Zuge einer Rallye/eines Treffens irgendwo steht oder ob ich mein Auto bei einer Geschäftseröffnung als Deko zur Verfügung stelle?

Bezüglich der Verkehrssicherungspflichten und der Pflichten zur Sicherung des Fahrzeuges gegen unbefugte Benutzung ist es grundsätzlich irrelevant, ob das Fahrzeug im Rahmen einer Rallye irgendwo abgestellt wird oder bei einer Geschäftseröffnung als Deko zur Verfügung gestellt ist. Die Umstände des konkreten Einzelfalles können allerdings durchaus von Bedeutung sein: Hinsichtlich des Verhaltens von Besuchern und „Bewunderern“ des Oldies ist nämlich an den konkreten Umständen festzumachen, mit welchem Verhalten man rechnen musste und was nicht zu erwarten war. Um es einmal plastisch auszudrücken: Ein inmitten einer Menschenansammlung als Dekorationsobjekt ausgestellter Oldtimer wird danach sicherlich mehr „Fingertatscher“ am Lack haben, als wenn das Fahrzeug einfach nur gewöhnlich in einem Parkhaus abgestellt gewesen wäre.

Als genereller Tipp bleibt nach alledem festzuhalten: Sichern Sie Ihren Oldie beim Verlassen den Umständen entsprechend ab – und wenn tatsächlich einmal „ungebetener Besuch“ auftauchen sollte: Reagieren Sie besonnen, aber bestimmt – dieses Recht haben Sie!

Ihr Oldtimeranwalt
Michael Eckert
Rechtsanwalt in Heidelberg
www.oldtimeranwalt.de