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Nutzungsausfall bei einem privat und beruflich genutzten Oldtimer

BGB § 249, ZPO § 287, LG Ellwangen, Urteil vom 08. Mai 2009 – 1 S 19/09

  1. Auch bei privater und beruflicher Nutzung eines Oldtimers kommt ein Anspruch auf Ersatz einen abstrakt berechneten Nutzungsausfallschaden in Betracht.
  2. Auch bei einem Oldtimer kann auch für einen längeren Reparaturzeitraum (hier: 74 Kalendertage) ein Anspruch auf Nutzungsausfall bestehen.
  3. Bei einem 42 Jahre alten Oldtimer kann ein täglicher Nutzungsausfall in Höhe von € 43,00 (Gruppe E) angemessen sein.

Sachverhalt: Der Kläger erlitt am 07. Mai 2007 mit einem in seinem Eigentum stehenden PKW Jaguar E-Type 4,2 S1, Erstzulassung 31. Dezember 1964, einen Verkehrsunfall mit einem bei der Beklagten kraftfahrzeughaftpflichtversicherten Fahrzeug. Die uneingeschränkte Einstandspflicht der Beklagten dem Grunde nach stand außer Streit. Das Fahrzeug wurde vom Kläger teilweise privat, teilweise aber auch für seine berufliche Tätigkeit als selbstständiger
Marketing-Berater genutzt. Ein unverzüglich eingeholtes Sachverständigengutachten schätzte die voraussichtlichen Reparaturkosten auf knapp € 18.000,00 netto bei einer voraussichtlichen Reparaturdauer von 12 Arbeitstagen. Der Kläger erteilte am 15. Mai 2007 einen Reparaturauftrag. Die Reparatur verzögerte sich ohne Verschulden des Klägers und konnte letztendlich erst am 03. August 2007 abgeschlossen werden, so dass das Fahrzeug dem Kläger an insgesamt 89 Tagen nicht zur Verfügung stand. Unter Ansatz eines Betrages von € 79,00 pro Tag gemäß der Gruppe J wurde außergerichtlich Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von insgesamt € 7.031,00 geltend gemacht. Hierauf zahlte die Beklagte € 2.200,00. Auf die Klage des Klägers auf weiteren restlichen Nutzungsausfall in Höhe von € 4.831,00 hin sprach das Amtsgericht Heidenheim weiteren Nutzungsausfall in Höhe von € 982,00 zu. Zugrunde gelegt wurde dabei ein Anspruch für insgesamt 74 Kalendertage unter Berücksichtigung eines nach § 287 ZPO geschätzten Betrages von € 43,00 pro Tag bei Eingruppierung in die Gruppe E. Gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidenheim erhob der Kläger Berufung zum Landgericht Ellwangen und verfolgte sein erstinstanzliches Klagebegehren voll umfänglich weiter.

Entscheidung des Gerichtes: Das Landgericht wies die Berufung des Klägers zurück. Das Erstgericht habe zunächst zutreffend erkannt, dass dem Kläger Ersatz eines abstrakt berechneten Nutzungsausfallschadens dem Grunde nach zustünde auch angesichts der Tatsache, dass der Kläger das Fahrzeug sowohl privat als auch beruflich genutzt hatte. Auch bei einer auch gewerblichen Fahrzeugnutzung sei die Zuerkennung einer Nutzungsausfallentschädigung
insoweit notwendig, als kein konkreter Ausfallschaden berechnet und damit nachgewiesen werden könne (so auch OLG Jena NZV 2004, 476, OLG Stuttgart NJW 2007, 1696 und OLG Naumburg NZV 2008, 464). Vorliegend sei der Anspruch aber auf maximal 74 Kalendertage beschränkt, da die Reparatur bei anderen Werkstätten gemäß einem eingeholten Sachverständigengutachten in diesem Zeitraum hätte erfolgen können. Auch die
amtsgerichtliche Festsetzung der Höhe des Nutzungsausfallschadens auf € 43,00 pro Tag sei rechtsfehlerfrei gewesen. Das Amtsgericht sei nicht verpflichtet gewesen, auch hierzu ein Sachverständigengutachten einzuholen. Es sei vielmehr im Rahmen der zulässigen Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO berechtigt gewesen, einen Tagessatz in Anlehnung an die Tabelle von Sanden/Danner, in der das Fahrzeug des Klägers nicht mehr enthalten war, auf
€ 43,00 festzusetzen. Auch die Kammer halte diesen Satz für angemessen. Es sei gerichtsbekannt, dass ältere Fahrzeuge allgemein eine andere Ausstattung aufweisen würden als Neufahrzeuge, woran weder eine Generalüberholung des Fahrzeuges etwas ändern könne noch die als richtig unterstellte Behauptung des Klägers, das Fahrzeug habe sich zum Zeitpunkt des Unfalles in einem hervorragenden Erhaltungszustand befunden. Insoweit wies das Landgericht darauf hin, dass ein erstattungsfähiger Nutzungsausfallschaden zwar grundsätzlich auch für die Unfallbeschädigung eines Oldtimerfahrzeuges erwachse, jedoch der Tagessatz für ein Altfahrzeug herabzusetzen sei und auch ein sogenannter Liebhaberzuschlag nicht in Betracht komme.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht weist zunächst zutreffend darauf hin, dass nicht etwa die Prognose eines Sachverständigen hinsichtlich der voraussichtlichen Reparaturdauer entscheidend ist, sondern vielmehr der tatsächliche Reparaturverlauf. Soweit indes eine Kürzung in zeitlicher Hinsicht erfolgt ist trägt die Begründung die Abweisung nicht, da aus ihr ein klägerisches Auswahlverschulden bei der Beauftragung nicht ersichtlich ist. Soweit Nutzungsausfall auch bei der privaten und gewerblichen Nutzung eines Fahrzeuges zuerkannt worden ist, entspricht dies der nunmehr herrschenden Rechtsprechung und ist auch, wie vorliegend, immer dann angemessen, wenn keine konkrete Möglichkeit der Bezifferung des Nutzungsausfallschadens besteht. Nicht zuzustimmen ist dem Landgericht Ellwangen insoweit, als dass generell der Tagessatz für ältere Fahrzeuge herabzusetzen sei. Die Bemessung
muss vielmehr weiterhin wie vom BGH vorgegeben (vgl. BGH NJW 2005, 1044-1045) tatrichterliche Frage des Einzelfalles bleiben. Denkbar ist danach auch, dass bei älteren Fahrzeugen in sehr gutem Zustand Nutzungsausfall in Höhe eines vergleichbaren, entsprechend motorisierten Neufahrzeuges geschuldet ist.

Ihr Oldtimeranwalt
Oliver Roesner, LL.M.
www.oldtimeranwalt.de
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