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Helmpflicht im Oldtimer-Cabrio?

Unglaublich, aber wahr: Ein Oldiebesitzer wurde während der Fahrt mit seinem Cabrio von einem übereifrigen Ordnungshüter gestoppt und darauf hingewiesen, dass er während der Fahrt einen Helm zu tragen habe. Das Fahren ohne Helm stelle eine Ordnungswidrigkeit dar.

Das meint der Oldtimeranwalt:
Hier hat der Amtsschimmel gleich zwei Mal gewiehert: Bei der Abfassung des Gesetzestextes und bei der Beanstandung durch den Polizisten. Allerdings hat Letzterer mildernde Umstände verdient, da die Vorschrift sehr missverständlich formuliert ist: Seit 01. Januar 2006 ist die „40. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften“ in Kraft. Damit wurde unter anderem § 21a der Straßenverkehrsordnung (StVO) geändert, der (immer noch)
folgenden Wortlaut hat:

„Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.“

In dem geschilderten Fall hat der Polizist den Wortlaut gar nicht so falsch ausgelegt: Oldtimer-Cabrios sind mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer meist bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h. Soweit das Fahrzeug vor dem 01.04.1970 erstmals zugelassen worden war, sind auch auf den vorderen Sitzen keine Sicherheitsgurte vorgeschrieben. Daraus könnte sich nach § 21a StVO die Helmpflicht für Oldtimer-Cabrios ergeben. Dass dies nicht richtig ist, leuchtet jedem ein und müsste sich eigentlich auch Polizisten erschließen. Wie lassen sich aber nun der gesunde Menschenverstand und der Gesetzestext miteinander in Einklang bringen?

Juristen nehmen die amtliche Begründung der Vorschrift zu Hilfe. Dort steht, was der Gesetzgeber sich bei Abfassung der Begründung gedacht (!) hat. Diese Begründung des Verkehrsministeriums findet sich in einem Schreiben an den Bundesrat vom 04. November 2005 und auch in Presseinformationen. Danach gilt die neue Regelung nur für drei- und mehrrädrige Kraftfahrzeuge, die, wie zum Beispiel Trikes und Quads motorradähnlich ausgestattet sind: Diese haben kein Lenkrad, sondern einen Lenker, keine nebeneinander angeordneten, sondern hintereinander angeordnete Sitze, keine Karosserie, sondern Fußstützen u. ä. Das Ministerium hebt darauf ab, dass es insoweit auch zu motorradähnlichen Abläufen und Unfällen kommen kann.

Die Vorschrift des § 21a II StVO gilt also nicht für Oldtimer-Cabrios, sondern nur für Trikes und Quads.

Hintergrund der ganzen Neuregelungen war eine europarechtliche Vorschrift, die es nicht mehr erlaubt hat, die Fahrzeugpapiere von Trikes und Quads mit der Auflage zum Tragen eines Schutzhelmes zu versehen.

Die Behörde hat in dem hier beschriebenen Fall also richtig gehandelt, als sie nach Überprüfung das Verfahren sang- und klanglos eingestellt hat. Leider bleibt aber unser Cabriofreund auf eventuellen Anwaltskosten sitzen, diese müssen nach geltendem Recht von der Behörde nicht erstattet werden.

Daher gilt der Rat: Diesen Artikel ins Handschuhfach von Oldtimer-Cabrios legen und bei Bedarf den Damen und Herren Ordnungshütern zeigen. Wenn diese dann noch Fragen haben, dürfen sie mich gerne anrufen.

Ihr Oldtimeranwalt Michael Eckert
Rechtsanwalt in Heidelberg
www.oldtimeranwalt.de