Das doppelte Lottchen - Von Verträgen mit (angeblichen) Vertretern
Auch bei Oldtimer-Kaufverträgen gelten gesetzliche Regeln zum Vertragsrecht, die eingehalten werden müssen. Wer hier zu sorglos ist, muss eventuell viel Lehrgeld zahlen. Dies zeigt ein Fall, der dadurch erst zu einem „Rechtsfall“ wurde, dass ein Beteiligter behauptet hat, er trete nicht in eigenem Namen, sondern als Vertreter eines anderen auf. Der vorliegende Fall hatte noch einige zusätzliche Schwierigkeiten und Wendungen, die wir jedoch zur besseren Darstellung des „Hauptproblems“ bei der nachstehenden Schilderung weggelassen haben. Jedoch der Reihe nach:
Zum Sachverhalt
Ein Oldtimerfreund war Eigentümer einer sehr schönen Pagode, die er verkaufen wollte, um in der Garage Platz für eine Neuerwerbung zu schaffen. Das Auto wird auf verschiedenen Wegen angeboten. Daraufhin meldet sich ein Herr, den wir hier neutral „Vermittler“ nennen wollen. Er erklärt, er vertrete einen Kaufinteressenten, der sich von ihm, dem Vermittler, beraten lassen wolle und das Auto gerne kaufen möchte. Verkäufer und Vermittler verabreden sich und der Vermittler nimmt das Fahrzeug bei einem ersten Treffen sehr genau unter die Lupe.
Bei einem zweiten Besuch bringt der Vermittler auch den Kaufinteressenten mit. Diesmal wird das Fahrzeug sogar zu einer nahen Werkstatt gebracht, um es dort auch auf der Hebebühne von unten besichtigen zu können.
Anlässlich eines dritten Zusammentreffens zwischen Verkäufer und Vermittler kommt dann ein Vertrag zustande, in dem der Verkäufer u. a. ausdrücklich auf Folgendes hinweist: „Ich hatte das Fahrzeug nur zwei Jahre in Besitz. Ich weiß nichts von Unfallschäden, kann aber nicht ausschließen, dass das Fahrzeug einmal einen Unfall hatte.“ Der erste schriftliche Vertrag wird vom Vermittler als Vertreter des Käufers unterschrieben.
Kurze Zeit später wendet sich der Käufer an den Verkäufer und behauptet, getäuscht worden zu sein. Die vermeintlich schöne Pagode sei ein Unfallwagen und er wolle sein Geld zurück. Der Verkäufer verweist darauf, dass ihm von einem Umfall nichts bekannt sei und er darüber hinaus auf das mögliche Vorhandensein von Unfallschäden im Vertrag hingewiesen habe. Der Käufer bestreitet dies. Beide Seiten schalten Anwälte ein. Sodann stellt sich heraus, dass es nicht nur einen Kaufvertrag gibt, sondern derer zwei: Der Vermittler hatte nicht nur als Vertreter des Käufers mit dem Verkäufer einen Vertrag abgeschlossen.
Vielmehr konnte der Käufer einen zweiten Vertrag vorlegen, den er, der Käufer, mit dem Vermittler abgeschlossen hatte. Bei diesem zweiten Vertrag war der Vermittler als Vertreter des Verkäufers aufgetreten. Auf wundersame Weise war der Preis des Fahrzeuges hier plötzlich € 10.000,00 höher, als bei dem Vertrag, den der Vermittler mit dem Verkäufer abgeschlossen hat.
Nach heftiger Diskussion bei Gericht stellt sich heraus, dass weder der Verkäufer noch der Käufer den Vermittler eingeschaltet und beauftragt haben. Weder Käufer noch Verkäufer haben dem Vermittler eine Vollmacht zum Abschluss eines Vertrages erteilt.
Vielmehr hat der Vermittler offensichtlich die Chance gesehen, schnelles Geld zu machen und war beim Verkäufer als Vertreter des Käufers und beim Käufer als Vertreter des Verkäufers aufgetreten. Vom Käufer hatte er nicht nur die vereinbarte Vermittlungsprovision eingestrichen, sondern darüber hinaus auch noch die € 10.000,00 Preisdifferenz zwischen beiden Verträgen.
Die Rechtslage
Da weder der Verkäufer noch der Käufer dem Vermittler eine Vollmacht erteilt haben, sind beide Verträge, die der Vermittler einmal als Vertreter des Verkäufers und zum anderen als Vertreter des Käufers unterschrieben hat, unwirksam. Die beiden Kaufverträge gelten danach als nicht abgeschlossen.
Wo kein Vertrag, da keine Verpflichtung zu Lieferung oder Zahlung: Dies bedeutet, dass die Leistungen des Verkäufers (Lieferung und Übereignung der Pagode) und des Käufers (Zahlung des Kaufpreises) rückabgewickelt werden müssen.
Jetzt wird es aber erst recht kompliziert: Juristen streiten darüber, ob der Käufer sich sein Geld vom Verkäufer „holen“ darf, oder ob er sich an den Vermittler wenden muss. Eine gesetzlich eindeutige Regel gibt es hier nicht. Vielmehr hängt dies jeweils vom Einzelfall ab. Auf jeden Fall muss unser Vermittler den Schaden ausgleichen, der durch sein betrügerisches Vorspielen von Vollmachten entstanden ist: Gerichtskosten, Rechtsanwaltskosten von Käufer und Verkäufer, Reisekosten zum Gerichtstermin für alle Beteiligten, gegebenenfalls Provisionen, Mindererlös beim zweiten Verkauf o. ä. (wenn beim Vermittler „etwas zu holen ist“).
Die salomonische Lösung des Falls
Die juristische Aufbereitung dieses Falles wäre also sehr schwierig. Dies war auch der Grund, warum Verkäufer und Käufer letztlich einen Vergleich geschlossen haben: Der Verkäufer hat das Fahrzeug zu einem erheblich reduzierten Preis zurückgenommen und kann es nun anderweitig verkaufen. Er hat aber zwei Vorteile: Zum einen hat er durch den ermäßigten Rücknahmepreis bei einem erneuten Verkauf etwas „Luft“ hat und kann auch einen Preis unter dem ursprünglichen Verkaufspreis akzeptieren, ohne einen Verlust zu machen. Außerdem kann er Wertsteigerungen, die bei diesem Fahrzeug in letzter Zeit zu verzeichnen sind, ausnutzen und vielleicht sogar einen höheren Kaufpreis als ursprünglich vereinbart erzielen.
Die Moral von der Geschichte:
- Wer als Verkäufer oder Käufer einen Kaufvertrag über einen Oldtimer abschließt, sollte sich von seinem Vertragspartner immer einen Ausweis zeigen lassen, damit man weiß, mit wem man tatsächlich einen Vertrag schließt.
- Tritt ein Vermittler, Vertreter oder Ähnliches auf, muss dieser seinem Vertragspartner das Original (!) einer schriftlichen Vollmachtsurkunde übergeben, die der Vertragspartner auch behalten sollte. Nur dann ist klar, wer tatsächlich Vertragspartner ist, und dass eine Vollmacht auch wirklich erteilt wurde. Außerdem sollte der Vertreter/Vermittler eine Ausweiskopie der von ihm vertretenen Person sowie seinen eigenen Ausweis vorlegen können. Anderenfalls kann der Vertrag, der vielleicht mit einem Vertreter ohne Vertretungsmacht abgeschlossen wird, unwirksam sein, mit der Folge, das Fahrzeug bzw. Geld „weg“ sind und/oder komplizierte Rückabwicklungen notwendig werden.
In der Praxis sind solche Vertretungen gar nicht so selten, denken wir nur an einen Kauf/Verkauf durch Familienmitglieder oder Oldtimer-Händler, die ein Fahrzeug „in Kommission“ bzw. „im Kundenauftrag“ verkaufen.
Auch hier gilt wie immer bei rechtlichen Fragen: Wer gut vorbeugt und sich gut beraten lässt,hat später weniger Probleme!
Ihr Oldtimeranwalt
Michael Eckert
www.oldtimeranwalt.de
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