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10 goldene Regeln zur Gewährleistung nach dem Oldtimerkauf

In unserer Rechtsanwaltspraxis kommt es immer wieder vor, dass rechtliche Probleme im Zusammenhang mit Gewährleistungsfragen auftreten. Davon sind nicht nur Käufer, sondern auch Verkäufer betroffen. Besonders ärgerlich ist es für unsere Mandanten dann, wenn vor unserer Einschaltung Fehler gemacht wurden, die hinterher gar nicht oder nur schwer wieder „ausgebügelt“ werden können. Wir möchten daher aus unserer täglichen Praxis einige wichtige Tipps im Zusammenhang mit Gewährleitungsfragen geben, die vielleicht in dem einen oder anderen Fall helfen können, teures Lehrgeld zu sparen.

1. Rechtliche Prüfung des Kaufvertrages

Vor der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen steht zunächst einmal die rechtliche Prüfung der Frage, ob überhaupt solche Ansprüche bestehen, in welchem Umfang und innerhalb welcher Fristen. Bereits hier empfiehlt sich dringend die Zuziehung eines spezialisierten Rechtsanwaltes, da die Auslegung des Kaufvertrages spezielle juristische Kenntnisse voraussetzt. Zunächst ist zu prüfen, ob die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche bestehen oder vertraglich ausgeschlossen worden sind. Enthält der Vertrag keinen Text zum Gewährleistungsausschluss, gilt die gesetzliche Regel: Danach haftet der Verkäufer für zwei Jahre, gerechnet ab der Übergabe des Fahrzeugs, dafür, dass im Zeitpunkt der Übergabe das Fahrzeug den vereinbarten oder vom Käufer zu erwartenden Zustand hatte und keine Mängel zu diesem Zeitpunkt vorlagen. Eine Gewährleistung ist also keine Garantie dafür, dass innerhalb von zwei Jahren kein Defekt auftritt. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Übergabe: War hier ein Mangel bereits vorhanden, haftet der Verkäufer, auch wenn dieser Mangel sich erst später innerhalb von zwei Jahren zeigt. Dann ist es natürlich nicht einfach festzustellen, ob dieser Mangel bereits bei Übergabe vorhanden war oder erst später aufgetreten ist. Bei der Frage, wer einen Prozess gewinnt, kommt es entscheidend darauf an, wer die Beweislast hat: Innerhalb der ersten sechs Monate nach Übergabe muss der Verkäufer bei Auftreten eines Mangels beweisen, dass dieser bei Übergabe noch nicht vorhanden war. Danach, bis zum Ablauf des zweiten Jahres, muss der Käufer beweisen, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorlag, wenn er Ansprüche gegen den Verkäufer geltend machen will. Bei einem Verkauf von Privat kann die Gewährleistung immer ganz ausgeschlossen werden. Verkauft ein gewerbliches Unternehmen ein Fahrzeug, kann beim Verkauf an Privat der Käufer die Gewährleistung nur auf ein Jahr beschränkt, nicht aber ausgeschlossen werden. Enthält der Vertrag trotzdem einen Gewährleistungsausschluss, ist dieser nicht wirksam. Beim Verkauf an ein anderes gewerbliches Unternehmen kann die Gewährleistung allerdings ganz ausgeschlossen werden.

Wichtig: Im Ergebnis ist ein Gewährleistungsausschluss nur dann beweisbar, wenn er in einem schriftlichen Vertrag enthalten ist. Allerdings muss dann auch überprüft werden, ob der Vertragstext wirksam ist. Oft werden vorgedruckte Formulare verwendet, die von Juristen als „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ bezeichnet werden. Hier ist nicht alles wirksam, was im Vertragstext steht.

Achtung: Nie von einem Gewährleistungsausschluss erfasst werden Angaben, die der Verkäufer konkret zum Zustand des Fahrzeugs gemacht hat. Wird beispielsweise in der Anzeige oder im Verkaufsgespräch vom Verkäufer behauptet, dass das Fahrzeug „restauriert“ sei oder der Oldtimerzustandsnote „1“ entspreche, muss diese Angabe stimmen. Erweist sich die Angabe als falsch oder nicht beweisbar, haftet der Verkäufer auch dann, wenn der Vertrag einen Gewährleistungsausschluss enthält. Je höhere Erwartungen der Verkäufer durch Anpreisungen und Anzeigen bei der Probefahrt o. ä. beim Käufer weckt, desto mehr haftet er dann, wenn diese Zusagen nicht zutreffen.

Ergibt sich aus dieser Prüfung, dass grundsätzlich Gewährleistungsrechte bestehen, muss weiter geprüft werden, ob ein Mangel im rechtlichen Sinne vorliegt und weiter, ob der Verkäufer hierfür im konkreten Einzelfall auch haftet.

2. Prüfen, ob überhaupt ein Mangel vorliegt

Diese eher banale Frage hat es in sich. Bei Oldtimern kommt es immer wieder vor, dass sich, gerade wenn man diese neu erworben hat, Probleme einstellen: Das Fahrzeug springt nicht an o.ä.. Hier muss der Käufer zunächst prüfen, ob ein Mangel vorliegt oder ein Bedienungsfehler. Gegebenenfalls sollte man beim Verkäufer nachfragen, sich bei Experten, im Oldtimerclub o.ä. Tipps holen oder die Werkstatt zu Rate ziehen.

Wichtig: Wenn der Käufer einen Mangel rügt und den Verkäufer zu finanziellen Aufwendungen (Anreise, Prüfung des Schadens, Verdienstaufall, Werkstattkosten, Transportkosten o.ä.) veranlasst und sich anschließend herausstellt, dass das Fahrzeug überhaupt keinen Mangel hatte, für den der Verkäufer einstehen muss, haftet der Käufer für alle von ihm verursachten Kosten.

3. Frühzeitig einen Sachverständigen beiziehen

Wenn der dringende Verdacht auf einen Mangel besteht, sollte möglichst frühzeitig ein kompetenter Sachverständiger beigezogen werden. Dies sollte aber nicht nur ein Kfz-Experte sein, sondern ein Fachmann, der sich insbesondere mit Oldtimern, im günstigsten Fall auch mit dem betroffenen Fahrzeugtyp gut auskennt. Er kann am ehesten feststellen, was nicht in Ordnung ist, woran es liegt und welche Kosten für die Mängelbeseitigung gegebenenfalls kalkuliert werden müssen. Erfahrungsgemäß kann es bei Oldtimern natürlich nur um Annäherungswerte handeln.

Die schnelle Beiziehung eines Sachverständigen ist auch deshalb wichtig, da dieser nur in einem frühen Stadium feststellen kann, ob ein Mangel bereits bei Übergabe an den Käufer vorlag (siehe Ziffer 3).

Die Einschaltung eines Sachverständigen ist auch dann sinnvoll, wenn die Gefahr besteht, dass der Käufer die hierdurch entstehenden Kosten später selbst tragen muss.

4. Prüfen, seit wann es den Mangel gibt

Der Verkäufer haftet, wenn die Gewährleistung im Kaufvertrag nicht wirksam ausgeschlossen ist und keine Garantien gegeben sind, im Rahmen der Sachmängelhaftung nur für solche Mängel, die bei Übergabe des Fahrzeuges vorhanden waren. Auf den Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses kommt es nicht an. Die Gewährleistung des Verkäufers beim Oldtimerkauf darf nicht verwechselt werden mit einer Garantie. Bei einer Garantie werden Schäden übernommen, die während der Garantiezeit entstehen. Bei der Gewährleistung im Rahmen eines Kaufvertrages werden nur Schäden vom Verkäufer übernommen, die im Zeitpunkt der Fahrzeugübernahme vorhanden waren, sich aber möglicherweise erst später gezeigt haben.

5. Fristen prüfen

Grundsätzlich kann ein Mangel, der bei Übergabe vorhanden war, innerhalb von 24 Monaten nach Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer von diesem beim Verkäufer geltend gemacht werden. Voraussetzung ist natürlich, dass die Gewährleistung nicht wirksam ausgeschlossen wurde. Diese Regel gilt dann, wenn im Vertrag nichts zur Gewährleistung gesagt wird. Dann gilt die gesetzliche Gewährleistung mit einer sogenannten Verjährungsfrist von 24 Monaten.

Gewerbliche Verkäufer dürfen die Gewährleistung bei gebrauchten Sachen (und dies sind Oldtimer) auf 12 Monate beschränken. Hier ist also nach einem Kauf besondere Eile geboten. Besonders gilt dies, wenn das Fahrzeug beispielsweise im Herbst gekauft wird und im ersten halben Jahr praktisch nur steht. Treten dann im Frühjahr im Betrieb Probleme auf, sollte der Käufer sich nicht zu viel Zeit lassen, diese beim Verkäufer zu rügen. Um die Fristen zu wahren, müssen die Mängelrügen bewiesen werden. Man sollte es auch nicht auf den letzten Tag ankommen lassen, zumal die Frage, wie Verjährungsfristen unterbrochen werden, letztlich zuverlässig nur von einem Anwalt beantwortet werden können.

Ganz besonders wichtig ist noch eine weitere Frist beim Kauf von einem gewerblichen Verkäufer (Händler): Innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer gilt eine Besonderheit. Tritt hier ein Mangel auf, wird gesetzlich vermutet, dass dieser Mangel bereits bei Übergabe an den Käufer vorhanden war, wenn die „Art des Mangels“ nicht entgegensteht. Bei einem Kratzer in der Seitentür gilt diese Vermutung also natürlich nicht!. Bestreitet der Händler, dass sich ein innerhalb von 6 Monaten zeigender Mangel schon bei Übergabe vorlag, muss er die Mangelfreiheit zum Zeitpunkt der Übergabe beweisen. Ab dem siebten Monat gilt die umgekehrte Regel: Hier muss der Verkäufer beweisen, dass nicht nur ein Mangel vorhanden ist, sondern dieser auch bei Übergabe des Fahrzeuges schon vorhanden war. Anderenfalls haftet der Verkäufer nicht.

6. Mangel von Verschleiß unterscheiden

Nicht alles, was beim Oldtimer nicht funktioniert, stellt einen Mangel im rechtlichen Sinne dar. Zu unterscheiden sind nämlich Mängel einerseits und Verschleiß andererseits. Gibt beispielsweise ein originaler noch nie überholter Motor irgendwann nach dem Kauf „seinen Geist auf“, muss dies kein Mangel sein, für den der Verkäufer einzustehen hat. Motoren wie auch andere Bauteile haben nur eine begrenzte Lebenszeit. Im Besonderen gilt dies für Verschleißteile wie Kontakte, Zündkerzen, Bremsbelege, Kupplung etc.. Der natürliche Verschleiß ist kein Mangel und vom Verkäufer nicht zu vertreten. Die Kupplung, die nach 200.000 Kilometern verschlissen ist, stellt daher dann keinen Mangel dar, wenn der Verkäufer nicht den Einbau einer neuen Kupplung behauptet hat.

Wichtig: Auch Rost am Fahrzeug ist nicht zwangsläufig ein Mangel, sondern bei älteren Fahrzeugen durchaus üblich. Hier ist ganz entscheidend, was vertraglich vereinbart ist. Ist ein „rostfreies“ Fahrzeug geschuldet, muss der Verkäufer hierfür natürlich auch einstehen. Auch wenn eine bestimmte Zustandsnote, z.B. die Note „2“, vereinbart ist, darf das Fahrzeug keinen nennenswerten Rostbefall aufweisen.

Wichtig außerdem: Geringfügige Mängel sind von wesentlichen Mängeln zu unterscheiden. Ist lediglich eine Zündkerze defekt, berechtigt dies den Käufer nicht, den Verkauf rückabzuwickeln, auch dann nicht, wenn der Verkäufer eine Reparatur (sog. Nacherfüllung) ablehnt.

7. Nacherfüllungsrecht beachten!

Dies ist eine der wichtigsten Punkte bei der Gewährleistung: Der Käufer darf dann, wenn Mängel auftreten, nicht selbst reparieren! Er muss vielmehr zunächst den Verkäufer auffordern, den Mangel in Ordnung zu bringen. Nur dann, wenn der Verkäufer dies mindestens zweimal vergeblich versucht hat, innerhalb einer gesetzten Frist zur Nachbesserung überhaupt nicht reagiert oder eine Mangelbeseitigung eindeutig und endgültig ablehnt, kann der Käufer den Mangel selbst reparieren (Dokumentation nicht vergessen!) oder eine Werkstatt beauftragen und die dadurch entstehenden Kosten vom Verkäufer ersetzt verlangen. Bei erheblichen Mängeln kann er auch den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären, wenn der Verkäufer partout nicht nachbessern will.

Immer wieder werden wir mit Fällen konfrontiert, in denen verschiedene Fahrzeugteile an einem gekauften Oldtimer defekt und vom Käufer zunächst auf eigene Kosten repariert werden. Zuerst ist es die Lichtmaschine, dann vielleicht der Anlasser, dann die Bremsbeläge. Solche „Kleinigkeiten“ werden oft noch hingenommen. Wenn dann aber auch noch das Getriebe den Dienst quittiert, der Motor irreparabel beschädigt ist und überholt werden muss, ist es mit der Geduld der Käufer meist vorbei und sie verlangen auch die Erstattung der Kosten, die durch die ersten Reparaturen entstanden sind. Dies ist aber dann zu spät. Daher muss zunächst dem Verkäufer Gelegenheit zur Reparatur gegeben werden.

In ganz wenigen Ausnahmen kann man davon sprechen, dass eine Reparatur durch den Verkäufer für den Käufer nicht zumutbar ist. Dies zu beurteilen sollte aber nur einem Anwalt überlassen werden, da die Rechtsprechung Fälle von Unzumutbarkeit nur sehr selten anerkennt.

Zusätzlich ist gerade bei Oldtimern noch zu prüfen, ob eine Nacherfüllung überhaupt möglich ist: Wird ein Fahrzeug als Original mit Matching Numbers verkauft und stellt sich dann heraus, dass der Oldie gerade nicht original ist und vielleicht aus zwei oder drei Wracks zusammengeschweißt wurde, kommt eine Nacherfüllung nicht in Betracht: Der Verkäufer könnte den Mängel an Originalität nicht durch eine Reparatur beseitigen.

8. Ort der Nacherfüllung prüfen

Oldtimer sind keine handelsüblichen Gebrauchtwagen, d.h. man findet sie nicht an jeder „Straßenecke“. Daher nehmen Oldtimerkäufer oft lange Wege in Anspruch, wenn sie ihr Wunschfahrzeug kaufen. Problematisch wird es dann, wenn sich später Mängel herausstellen und der Verkäufer in München, der Käufer aber beispielsweise in Hamburg sitzt. Dann stellt sich schnell die Frage, wo der Verkäufer die Nacherfüllung, d.h. die Reparatur des Mangels, schuldet. Muss er nach Hamburg kommen und den Mangel dort reparieren? Oder kann er verlangen, dass der Käufer das Fahrzeug (auf eigene Kosten) nach München zurücktransportiert? Leider lässt sich hier keine eindeutige und für alle Fälle gültige Antwort geben. In einem kürzlich entschiedenen Fall hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Verkäufer vom Käufer einen Transport des Fahrzeugs in die eigene Werkstatt verlangen kann, wenn dies für den Käufer nicht mit besonderen Belastungen verbunden ist und die Reparaturarbeiten eine spezialisierte Werkstatt und geschultes Personal erfordern. Die Frage des Ortes der Nacherfüllung muss besonders sorgfältig geprüft werden. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte ein Käufer auf Reparatur bei sich zuhause bestanden und bei Weigerung des Verkäufers die Rückzahlung des Kaufpreises gefordert. Nach mehreren Jahren hat dann der Bundesgerichtshof sein Urteil gefällt und entschieden, dass dieses Angebot der Nacherfüllung durch den Käufer unwirksam war, da er das Fahrzeug zum Verkäufer hätte bringen müssen. Insoweit muss also jeder Einzelfall beurteilt werden, wobei generell privaten Käufern weniger Umstände (Transportaufwand, Transportkosten) zuzumuten sind, als beispielsweise gewerblichen Käufern.

9. Klage prüfen

Kommt es nicht zu einer Einigung über die Durchführung einer Nacherfüllung oder werden die Mängel auf Dauer nicht beseitigt, hat der Käufer das Recht, entweder einen Teil des Kaufpreises zurückzuerhalten oder den Kaufvertrag rückabzuwickeln mit der Folge, dass Fahrzeug und Kaufpreis zurückzugeben sind. Findet sich der Verkäufer hierzu nicht bereit, müssen die Rechte des Käufers gegebenenfalls auch gerichtlich durchgesetzt werden.

10. Isoliertes Beweisverfahren prüfen

In manchen Fällen bietet es sich an, nicht sofort Klage zu erheben. Ein gerichtliches Klageverfahren kann relativ lange dauern. Geht es beispielsweise darum, nur einen Mangel am Oldtimer zu beseitigen, der zwischen den Parteien streitig ist, könnte das Fahrzeug nach der Reparatur wieder für die kommende Saison benutzt werden. In solchen eher eiligen Fällen, in denen es auch nicht um die Rückgabe des Fahrzeuges geht, kann es sich anbieten, ein isoliertes Beweisverfahren durchzuführen. In einem solchen Fall stellt der beauftragte Anwalt des Käufers dann bei Gericht den Antrag, einen gerichtlichen Sachverständigen zu benennen, der beispielsweise prüft, ob ein Mangel vorhanden ist, ob dieser wesentlich ist, ob er schon bei Übergabe des Fahrzeugs vorhanden war und welche Kosten für die Beseitigung des Mangels zu veranschlagen sind. Sobald dieses gerichtliche Gutachten dann vorliegt, kann das Fahrzeug repariert und wieder genutzt werden. Verkäufer und Käufer haben dann etwas mehr Zeit, sich gegebenenfalls außergerichtlich oder auch im Rahmen eines Gerichtsverfahrens über die Rechtsfragen zu streiten.

Ihr Oldtimeranwalt
Michael Eckert
www.oldtimeranwalt.de
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