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Zwei Schwergewichte bei der Sachsen Classic: Lars Riedel und Carl Hahn

Er ist Kultobjekt und Kraftpaket in einem: Der VW-Käfer aus der Tuning-Schmiede von Theo Decker leistet 130 PS.
Ein Bericht von Tim Westermann

Auf der diesjährigen Sachsen Classic hatte der „Theo“ als einer von fünf eingesetzten Käfern einen ebenso kraftvollen Fahrer. Lars Riedel kommt aus Sachsen. Der Lokalmatador ist fünfmaliger Weltmeister, Olympiasieger im Diskuswerfen und Publikumsliebling bei der neunten Auflage der Oldie-Ausfahrt. Das zweite Schwergewicht war der ehemalige VW-Chef Dr. Carl Hahn. Bei Lars Riedel, dem gebürtigen Zwickauer, sprang der Rallye-Funke sofort über. „Als ich von Volkswagen gefragt worden bin, ob ich bei der Sachsen Classic als Fahrer teilnehmen möchte, habe ich sofort „ja“ gesagt. Ich bin in Sachsen großgeworden und immer noch sehr Heimatverbunden. Außerdem bin ich extrem fahrzeugaffin. Ich habe mich sehr gefreut, bei der Rallye fahren zu dürfen.“

Die Mannschaft von Volkswagen Classic hat 13 Fahrzeuge aus Wolfsburg und Osnabrück an den Start gebracht. Besonders die Karmann-Ghia-Modelle liegen VW-Markenvorstand Hubert Waltl am Herzen. „Durch die Übernahme der ehemaligen Karmann Sammlung verfügen wir nun über insgesamt 133 Klassiker“, freute sich Waltl beim Begrüßungsabend in der Gläsernen Manufaktur. Viele dieser Preziosen werden dem breiten Publikum künftig präsentiert werden. Auch Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg drehte bei der Sachsen Classic am Lenkrad eines 356er Porsche aus der Osnabrücker-Sammlung. Hans-Joachim Rothenpieler, Geschäftsführer der VW-Sachsen GmbH, steuerte ein Karmann Ghia Cabriolet.

Der ehemalige Volkswagen-Chef Hahn pilotierte ebenfalls einen Karmann, einen Ghia aus dem Jahr 1969. Unter Hahns Federführung hatte sich Volkswagen nach der Wende im Freistaat Sachsen engagiert. Damit war er maßgeblich für den wirtschaftlichen Aufschwung der Region verantwortlich. Bis heute haben die Sachsen das nicht vergessen, wie sich an jeder Kreuzung zeigt. Menschen kommen ans Seitenfenster, wollen Autogramme und die Hände schütteln.

Der heute 85-jährige hat Meilensteine für den aktuellen Erfolg von Europas größtem Automobilhersteller gesetzt. In den 80-er Jahren hatte er die Vision, dass China zu einem wichtigen Standbein werden wird. „In den Industrienationen, Deutschland eingeschlossen, herrschte Anfang der 1980-er Jahre eine generelle Zurückhaltung gegenüber industriellen Engagements im Reich der Mitte. Die Wachstumsperspektiven wurden als gering eingeschätzt“, beschreibt Hahn die damalige Situation. Doch China hatte sich schon seit einiger Zeit um die Weltautomobilindustrie bemüht und auch Gespräche mit VW geführt. Carl Hahn: „Die wesentliche Frage war: Wird so kurz nach Mao die neue Regierung die Kraft haben, ein kapitalistisch-kommunistisches System einzuführen? Wir haben China auf einer winzigen Flamme als Test gefahren“, erinnert sich Hahn. „Wir starteten mit einer Probemontage des Santana.“

Zusammengenommen stellen China und Indien rund ein Drittel der Menschheit. „Es ist ein Drittel, das mehr und mehr sehr gut ausgebildet ist und auch die Marktwirtschaft zu meistern versteht, von dem wachsenden politischen Potential ganz abgesehen. In diese Entwicklung sind wir 1982 eingestiegen“, beschreibt Hahn seinen damaligen Entschluss. „Für Volkswagen lief die Investition in China in so kleinen Stufen, dass sie uns nicht überfordert hat und sich selbst finanzierte. Wir haben vielen Menschen dort nicht nur Arbeit und Brot gegeben – und in Deutschland genauso –, sondern darüber hinaus eine Unmenge von Führungspositionen erschaffen. Damit sind wir ein Teil einer Globalisierung geworden, die in die heutige Welt nach Maß passt und uns in der morgigen Welt eine einzigartige Stellung geben wird. Jetzt müssen wir es schaffen, diese Vorteile weiter zu potenzieren und durch entsprechende Strategien weiter auszubauen.“

Hahn ist überzeugt, dass „auch die neuen Entwicklungen – beispielsweise Elektrifizierung – in einem unerhörten Tempo wachsen werden, wenn auch zeitversetzt. „Wir müssen lernen, China und die Bedürfnisse der chinesischen Kunden zu verstehen.“

Doch warum brachte Professor Hahn die Automobilindustrie zurück nach Zwickau und Chemnitz? „Die Menschen hier sind gut ausgebildet und waren schon früher fachlich kompetent, wie ich als Lehrling beeindruckt erlebte. Ich hatte das Vertrauen, dass es nach der Wende immer noch so ist und wurde nicht enttäuscht“, sagt er mit einem Lächeln. (ampnet/tw)