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Die Initiative Kulturgut Mobilität e.V. ist eine unabhängige, nichtkommerzielle Interessensvertretung der Oldtimerszene. Sie setzt sich für den Erhalt des historischen mobilen Erbes und der Möglichkeit zur Teilnahme von Oldtimern am Straßenverkehr ohne staatliche Restriktionen ein.

... denn mobiles Kulturgut braucht eine Zukunft!

Alles über E10 aus erster Hand

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Am Donnerstag, den 31.03.2011, veranstaltete die Initiative Kulturgut Mobilität anläßlich der Techno-Classica ein Pressegespräch rund um das Thema E10. Als Referent stellte sich Wolfgang Dörmer, seit 35 Jahren in der ARAL-Forschung tätig, den kritischen Fragen der anwesenden Journalisten. Das Gespräch hat Herr Dörmer zusammengefaßt und uns zur freundlicherweise Verfügung gestellt.

Super E10

- Aktuelle Einschätzung der Aral Forschung zu Produktaussagen im Markt -

Das Bestreben die Unabhängigkeit von Erdöl und den rd. 20%igen Anteil der verkehrsbedingten CO2-Emissionen zu verringern, sind die Haupt-Triebfedern der Einführung von Bio-Kraftstoffen weltweit. Während die Politik die Einführung der Bio-Kraftstoffe konsequent verfolgt und auf eine Anhebung der Beimischraten zu den konventionellen Otto- und Dieselkraftstoffen drängt, sind Bio-Beimischung aus Sicht der Anwendungstechnik und des Verbrauchers nicht unumstritten was sich u.a. an der jüngsten Einführung von Ottokraftstoff mit bis zu 10% Bio-Ethanol (E10) sehr deutlich zeigt.

Dabei ist der Einsatz von Pflanzenöl als Diesel-Treibstoff oder der Betrieb eines Ottomotors mit Ethanol nicht wirklich neu. Bereits die Erfinder der jeweiligen Motortechnik Rudolf Diesel und Nikolaus August Otto verwendeten Pflanzenöl bzw. Ethanol zum Betrieb ihrer Erfindungen.

Im letzten Jahrhundert gab es immer wieder Zeiten, in denen Kraftstoffe aus Erdöl durch solche aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellte, substituiert wurden.

So wurde z.B. in den 80er Jahren, in Zusammenarbeit zwischen der Mineralölindustrie und dem BMFT (Bundesministerium für Forschung und Technologie), intensiv an den Zusammenhängen zwischen Ottokraftstoffen und dem Einsatz von Alkoholen geforscht. Aus dieser Zeit sind bereits die wesentlichen Zusammenhänge und die Auswirkungen auf den Fahrzeugbetrieb bekannt.

Ottokraftstoff und Ethanol unterscheiden sich in ihren chemisch-physikalischen Eigenschaften. Ottokraftstoffe sind ein Vielstoffgemisch aus unterschiedlichen Kohlenwasserstoffverbindungen (Paraffine, Isoparaffine, Naphtene, Olefine und Aromaten). Dieses Gemisch aus rd. 400 unterschiedlichen Verbindungen siedet im Bereich ca. 30 bis rd. 200°C. Ottokraftstoff kann z.B. nur wenig Wasser binden. Ethanol dagegen ist ein so genannter Reinstoff, der bei rd. 78,3°C siedet und in jedem Verhältnis mit Wasser mischbar ist.

Mischt man nun Ethanol mit Ottokraftstoff, so muss man um einige Besonderheiten in der Anwendung solcher Ethanol-Mischkraftstoffe wissen. Durch die Beimischung von Ethanol zu Ottokraftstoff werden die so genannten Wasserstoff-Brückenbindungen des Ethanols gestört was dazu führt, dass das Ottokraftstoff- Ethanolgemisch einige Anomalien aufweist, die weder der Ottokraftstoff noch das Ethanol alleine zeigen. Im Wesentlichen äußern sich diese Anomalien in einem Dampfdruckanstieg, einem verstärkten Quellangriff gegenüber Elastomeren, einem veränderten Siedeverhalten und einer Änderung des Wasseraufnahmevermögens des Ottokraftstoffes.

Dabei sind niedrige Gehalte an Ethanol von etwa 1 bis drei Prozent hinsichtlich Anomalien als besonders kritisch einzustufen, bei höheren Gehalten an Ethanol treten sie nur noch in abgeschwächter Form auf. Nachfolgend wird auf die wesentlichen Kritikpunkte an dem neuen Ottokraftstoffe E10 eingegangen und die tatsächlichen Zusammenhänge sowie die wesentlichen anwendungstechnischen Auswirkungen der Beimischung aufgezeigt:

Verhalten gegenüber Feuchtigkeit/Wasser und Korrosion

Wie schon erwähnt kann Ottokraftstoff kaum Feuchtigkeit oder Wasser aufnehmen. Dies ändert sich wenn der Ottokraftstoff Ethanol enthält. Nun kann der Mischkraftstoff (Ottokraftstoff + Ethanol) Feuchtigkeit in nicht unerheblichem Umfang aufnehmen und damit das freie Wasser, welches zu Korrosion im Kraftstoffsystem führen könnte, quasi "unschädlich" machen. Dabei wird das Wasser im Wesentlichen von dem Ethanolanteil aufgenommen.
Wird aber eine gewisse Feuchtigkeitsmenge überschritten, so fällt sie zusammen mit dem gesamten Ethanol aus dem Ottokraftstoff heraus und bildet am Tankboden eine stark korrosive Wasser-Alkohol-Mischphase. Der darüberstehende, nun ethanolfreie Ottokraftstoff leidet auch. Durch den Verlust des Ethanols sinkt seine Klopffestigkeit und birgt somit die Gefahr ernster Motorschäden in sich.

Dies alles ist besonders kritisch bei niedrigem Ethanolgehalt, da wenig Ethanol im Ottokraftstoff wenig Wasser und viel Ethanol im Ottokraftstoff viel Wasser aufnehmen kann. Zudem sinkt die Löslichkeit von Wasser und die Entmischungsgefahr mit fallenden Temperaturen. So kann z.B. ein E10 Kraftstoff bei rd. 20°C rd. 1% Wasser bis zur Entmischung verkraften während bei 0°C schon ein halbes Prozent an Wasser zu einer Entmischung führen würde.

Schon 2005 wurde mit der Einführung von Ottokraftstoff mit bis zu 5% Ethanol begonnen, die in 2008 abgeschlossen wurde. Entmischungen durch Wasser, z.B. in Tankstellentanks, traten nur in wenigen Fällen unter besonders kritischen Bedingungen auf. Mit der Erhöhung des Ethanol-Anteils auf nun 10% wurde das Wasseraufnahme-Vermögen des Kraftstoffes nochmals deutlich verbessert. Die bestehende Infrastruktur der Verteilung von Kraftstoffen und die Kraftstoffsysteme von Fahrzeugen wurden bereits durch die Verwendung von E5 "trockengelegt". Die Gefahr von Entmischungen des Ethanols ist heute mit E10 im Praxisbetrieb nicht mehr gegeben.

Auch bei Motorrädern, Oldtimern und so genanntem Power-Equipment (Kettensägen, Rasenmäher etc.), die durch Ottomotoren angetrieben werden und die häufig über längere Zeiträume stillgelegt bzw. nicht genutzt werden, führt E10 gegenüber E5 zu einer deutlichen Verbesserung mit erhöhter Sicherheit gegen Entmischung.

Gerade hier sollte aber über die Lagerbedingungen Einfluss genommen werden. Wichtig ist, dass der jeweilige Kraftstofftank vor der "Überwinterung" möglichst voll gefüllt wird. Hierdurch wird das über dem Kraftstoff stehende Luftvolumen und somit die so genannte Tankatmung durch Temperaturunterschiede minimiert. Es kann so nur eine geringe Menge an Luftfeuchtigkeit in den Kraftstoff gelangen, die dann aufgenommen wird und so nicht zur Entmischung oder gar Korrosion führen kann.

Der Vorteil von ethanolhaltigem Ottokraftstoff Feuchtigkeit zu binden wird viel zu wenig beachtet, dabei ist er ein Garant für die Vermeidung von separaten Wasserphasen die sich am Tankboden absetzen und so zu Korrosion führen können. Gerade bei alten Tanks kann man häufig Rostansatz am Tankboden beobachten. Mit E10 wird die Gefahr von Korrosion deutlich verringert insofern, wie beschrieben, der Tank vor der Überwinterung voll gefüllt wird und große Temperaturschwankungen bei der Lagerung möglichst vermieden werden.

Von der Verwendung von Additiven raten wir generell ab insofern Kunden Markenkraftstoffe, die bereits vollständig additiviert sind, tanken. Additive, die eine Entmischung von Ethanol und Ottokraftstoff bei hohem Wasserzusatz verhindern, sind uns nicht bekannt.

Lager- und Alterungsstabilität

Generell besteht die Möglichkeit, dass Kraftstoffe (E0, E5 und auch E10) durch lange Lagerung verändern. Dies liegt im Wesentlichen nicht am Ethanolgehalt sondern daran, dass Kohlenwasserstoffe im Laufe der Zeit durch die Gegenwart von Sauerstoff abgebaut werden können. Neben dem Luftsauerstoff spielt hier auch die Gegenwart von Metallen/Metalllegierungen wie Kupfer oder Messing im Kraftstoffsystem eine verschärfende Rolle. Kommt noch Temperatur hinzu, so kann Ottokraftstoff altern. Dies macht sich bemerkbar durch eine deutliche Veränderung der Farbe von hellgelb in Richtung bräunlich und die Bildung von so genanntem "Gum". Unter Gum versteht man harzähnliche Ausfällungen, die sich insbesondere an Metallbauteilen als braune, lackähnliche, festanhaftende Beläge bemerkbar machen und u.a. auch Düsen zusetzen oder bewegliche Teile blockieren können. Bezüglich Gumbildung verhalten sich Ottokraftstoffe mit besserer Zusammensetzung (SuperPlus oder Premiumprodukte) und eine leistungsstarken Additivierung mit Performance-Additivpaketen (Markenkraftstoffe) als weniger auffällig.
Üblicherweise kann man Kraftstoffe über mehrere Jahre hinweg unter geeigneten Bedingungen lagern, sollte aber bei ihrem Wiedereinsatz berücksichtigen, dass Kraftstoffe in Sommer- bzw. in Winterqualität gefertigt werden. Bei Ottokraftstoff würde die Verwendung von Winterkraftstoff im Sommer u.U. zu Fahrverhaltensstörungen (Dampfblasenbildung) und bei Verwendung von Sommerkraftstoff im Winter zu Startschwierigkeiten führen. Winterdiesel kann zwar problemlos ganzjährig eingesetzt werden, Sommerdiesel im Winter dagegen nicht.

Die Alterungsbeständigkeit von Ottokraftstoff wird durch Ethanol nicht verschlechtert sondern verbessert. Häufig wird das oben beschriebene Entmischungsverhalten von ethanolhaltigem Ottokraftstoff unter ungeeigneten Bedingungen fälschlicherweise als schlechte Lagerbeständigkeit interpretiert.

Aluminium-Korrosion

Im Rahmen der Anhebung des Ethanolanteil von 5 auf 10% wurde erstmals aus den Kreisen der Automobilindustrie verlautbart, dass bei bestimmten Fahrzeugen Verträglichkeitsprobleme durch den erhöhten Ethanolanteil auftreten können. Eigene Untersuchungen in der Aral Forschung haben gezeigt, dass bei so genannten Direkteinspritzern der 1. Generation tatsächlich Probleme bei Betankung und Betrieb mit E10 entstehen. Der Grund dafür liegt bei diesen Fahrzeugen in der Verwendung eines aus Aluminium gefertigten Kraftstoff-Rails. Einschraubungen in das Rail zur Aufnahme der Kraftstoffleitungen verletzen die durch Luftsauerstoff passivierte Oberfläche des Aluminiums und so können Kraftstoff-Bestandteile und Ethanol in die Gewindegänge diffundieren und unter der herrschenden Temperatur und Druck setzt sich das Aluminium zu Aluminiumalkoholat um. Hierdurch werden die Gewindegänge zerstört und es können Undichtigkeiten mit der Gefahr eines Fahrzeugbrandes auftreten.

Bei anderen aus Aluminium gefertigten Bauteilen im Fahrzeugbau, wie z.B. Aluminiumvergaser, sehen wir keine Gefährdung durch die Erhöhung des Ethanolanteils von 5 auf 10%.

Elastomerverträglichkeit

Wie schon beschrieben, bewirken niedrige Konzentrationen an Monoalkoholen wie Ethanol in Ottokraftstoff, ein anormales Verhalten mehrerer Kraftstoff-Eigenschaften. Die so genannte Aufhebung der Wasserstoffbrückenbindungen führt zu "kleineren" Molekülen, die so viel leichter in Elastomere eindringen und diese so aufquellen können. Dies gilt insbesondere bei niedrigen Konzentrationen von Ethanol. Dieser Effekt nimmt mit der Erhöhung der Alkoholzugabe ab und ist bei E10 im Vergleich zu dem bisherigen E5 nicht als kritischer einzustufen.

Motoröl-Verdünnung/Motorölalterung

Bei dem Einsatz von Biodiesel (FAME) in Dieselkraftstoff wird davon gesprochen, dass sich die Bio-Komponente im Motoröl anreichert und dessen Schmierfähigkeit beeinträchtigen kann. Hieraus wurde in der Berichterstattung geschlossen, dass die Bio-Komponente "Ethanol" zu gleichartigem Verhalten neigt. Dies ist definitiv falsch!

Anders als FAME, welches mit einer Siedetemperatur von über 340°C als Hochsieder gilt, siedet Ethanol bereits bei knapp 80°C. So kann Ethanol wie auch der größte Teil des Ottokraftstoffes, beides gelangt im Kalt-Start und -Fahrbetrieb ins Motorenöl, nachdem sich das Motoröl im Fahrbetrieb erwärmt hat, aus diesem wieder ausdampfen. D.h. das zugesetzte Ethanol führt zu keiner Verschärfung bzgl. der Motorölverdünnung und Motorölalterung.

Mischbarkeit mit 2T-Öl

Die Herstellung eines 2T-Gemisches ist mit E10 Ottokraftstoff nicht anders als mit E5. D.h. der höhere Ethanolanteil bewirkt kein Problem in der Mischbarkeit mit dem 2T-Motorenöl. Bezogen auf die Anwendung in 2-Takt-Motoren ergibt sich daher aus unserer Sicht kein Unterschied zu der Mischung mit dem bisherigen Ottokraftstoff mit max. 5% Ethanol.

Die oftmals z.B. von Herstellern so genannten Power Equipments (Kettensägen, Rasenmäher etc.) genannte eingeschränkte Lagerbeständigkeit, steht nach unserer Einschätzung im Zusammenhang mit möglichen Wasserproblemen bei unsachgemäßer Lagerung nicht aber mit einer eingeschränkten Alterungsstabilität von E10.

Kraftstoffverbrauch / Gemischabmagerungen /Kaltanfahr- und Fahrverhalten

Ethanol ist ein Alkohol, der im Vergleich zu reinen Kohlenwasserstoffen wie Benzin rd. 35 %(m/m) Sauerstoff in seinem Molekül enthält. Hieraus resultiert, das ein Ottokraftstoff mit 5%(V/V) Ethanol 1,81%(m/m) an Sauerstoff und bei 10%(V/V) rd. 3,6%(m/m) an Sauerstoff enthält. Dieser Anteil des Kraftstoffes ist praktisch schon verbrannt (oxidiert) und steht somit nicht mehr als Energiegehalt zur Verfügung. Ethanolhaltige Ottokraftstoffe haben daher im Vergleich zu Ottokraftstoffen, die aus reinen Kohlenwasserstoffen bestehen, einen niedrigeren Energiegehalt. Allerdings tritt hier ein Phänomen auf welches dazu führt, dass Verbrauch und Leistung durch die Ethanolzugabe bis etwa 5% nicht negativ beeinträchtigt werden. Ethanol hat eine deutlich höhere Verdampfungsenthalpie als reine Kohlenwasserstoffe was dazu führt, dass nach der Einspritzung in den Motor eine "Innenkühlung" auftritt, die den Verbrennungsprozeß im Motor verbessert und so den zu erwartenden Mehrverbrauch sowie die Minderleistung ausgleicht. Bei Ethanolbeimischungen über 5% kann, je nach Motor, dann allerdings der niedrigere Heizwert von Ethanol zulasten des Verbrauchs und meist auch der Leistung gehen. Nach unseren Erfahrungen bewegen sich die Veränderungen im Bereich von 0 bis max. 3%.

Der durch das Ethanol in den Ottokraftstoff eingebrachte Sauerstoff kann bei der Verbrennung im Motor zu einer Gemischabmagerung führen, was Auswirkungen auf den Fahrbetrieb - im Wesentlichen auf Vergasermotoren - haben kann. Bei Auftreten könnte dann u.U. eine geänderte Düsenbestückung Abhilfe schaffen.

Ethanol hat andere Verdampfungseigenschaften als konventioneller, nur aus Kohlenwasserstoffen bestehender Ottokraftstoff. Die Energie die man benötigt um Ottokraftstoff zu verdampfen beträgt rd. 335 kJ/kg, bei Ethanol dagegen 910 kJ/kg also rd. dreimal so hoch. Hierdurch kann es bei Ottokraftstoffen mit hohem Ethanolgehalt zu Startproblemen bei extremen Außentemperaturen kommen. Nach Erwärmung des Motors verschwinden die Probleme in der Regel.

Dampfblasenbildung/Verdampfungsverhalten

Der Dampfdruck von Ottokraftstoff wird durch die Zugabe von Ethanol verändert und damit seine Neigung in Kraftstoffleitungen von Fahrzeugen, die hoch temperaturbelastet sind Dampfblasen zu bilden, die wiederum zu Fahrstörung führen können bzw. den Start eines Motors im heißen Zustand verhindern.

Diesem Umstand wurde schon in der Anforderungsnorm für Ottokraftstoffe, durch eine Absenkung des maximal zulässigen Dampfdruckes im kritischen Sommerzeitraum von früher max. 70 auf heute max. 60 kPa, Rechnung getragen. Allgemein gelten in diesem Zusammenhang Fahrzeuge mit Direkteinspritzung als weniger kritisch als Fahrzeuge mit Vergasermotor.