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Das aktuelle Rundschreiben der Initiative (08/07)

Noch immer keine Entwarnung an der „Feinstaubfront“

Wir kommen nicht zu Ruhe! Es will der Politik einfach nicht gelingen, einen pragmatischen und für alle Beteiligten tragfähigen Kompromiß zu erarbeiten. Stattdessen jagt sie uns weiterhin durch ein Wechselbad der Gefühle, durch einen unerträglichen Zustand zwischen hoffen und bangen.

Mittlerweile ist klar, daß Benziner mit einem Kat der ersten Generation eine grüne Plakette zugeteilt bekommen und somit durch die Fahrverbotszonen fahren dürfen. Es bleiben somit nur noch die ohne Kat übrig und darunter fallen die meisten unserer historischen Fahrzeuge. Noch immer will man in den Etagen politischer Entscheidungsträger nicht einsehen, daß diese, überwiegend saisonal und ausserhalb von Ballungszentren gefahrenen Fahrzeuge, mengenmäßig (und somit schadstofftechnisch) derart irrelevant sind, daß man ihnen auch gleich die ungehinderte Fahrt durch die Fahrverbotszone zugestehen kann – ohne unnötige Auflagen, die den Bürokratismus nur fördern, anstatt ihn in Deutschland endlich einzudämmen, bzw. idealerweise abzubauen. Stattdessen hört man aus Berlin, daß die rot-rote Regierung dort modernen Ablasshandel betreiben möchte, mit der jüngst verabschiedeten Gebührenordnung.

Die Berliner Morgenpost schreibt in ihrer Online-Ausgabe vom 03.07.07 (Auszug):„

Wer ein altes Auto besitzt, das zu viele Schadstoffe ausstößt und deswegen keine Plakette erhält, muß für eine Ausnahmegenehmigung bis zu 1000 Euro zahlen.“ Und weiter „Die Höhe der Gebühren richtet sich nach dem wirtschaftlichen Nutzen, den der Autobesitzer dadurch hat, daß er keinen neuen Wagen kauft, sondern sein altes Auto weiterfährt. Hinzu kommen eine Verwaltungsgebühr und die Dauer der Ausnahmegenehmigung.“
Diesen Satz darf man sich ruhig ein zweites Mal durchlesen. Ich finde, er offenbart genau die Absicht, die hinter dieser ganzen Bürgergängelung steckt: Neuwagenabsatz! Prinzipiell könnten wir froh sein, daß der Berliner Senat endlich die Katze aus dem Sack gelassen und seine wahren Beweggründe offengelegt hat, andererseits ist das eine Ungeheuerlichkeit, die seinesgleichen sucht. Wenn Sie nicht in der Lage sind, in einen anderen Wagen zu investieren, werden Sie dafür doppelt gestraft. Einmal mit der politischen Ächtung ob Ihrer Finanzsituation einerseits und mit der Abstrafung der Art des Genusses eines „geldwerten Vorteils“ andererseits. Wen wundert es, daß da manchem Mitbürger der Appetit vergeht?

Daß der Senat macht auch vor Behinderten nicht halt macht, beweist ein weiteres Zitat aus der Online-Ausgabe der Berliner Morgenpost vom 03.07.07:

„Wer als Schwerbehinderte ein altes Auto besitzt und sich kein neues anschaffen kann, muß für eine Fahrerlaubnis ebenfalls 165,20 Euro zahlen. Voraussetzung ist ein gültiger Behindertenausweis mit Merkzeichen „G“ oder ein EU-Parkausweis für gleichgestellte. Diese Ausnahmegenehmigung ist dann, wie bei Pendlern, für eineinhalb Jahre gültig.“
Soweit mir bekannt ist, sind Behindertenfahrzeuge teilweise speziell umgerüstet und somit entsprechend teurer als „normale“ PKW. Eine möglichst lange Nutzung dieser Fahrzeuge lag bei Anschaffung sicher im Interesse des Käufers, zumal diese Autos nicht an „jeder Ecke“ zu bekommen sind. Ein einfacher Austausch ist somit für die Betroffenen nicht realisierbar, von der entsprechenden finanziellen Mehrbelastung durch die Umrüstung abgesehen. Daran ändert auch die großzügig eingeräumte eineinhalbjährige Frist nichts.

Da mutet der Ausspruch Manuela Damianakis’, Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung fast schon wie Hohn an, die ebenfalls in der Onlineausgabe der Berliner Morgenpost vom 03.07.07 sagt:

„Sinn der Gebühren ist nicht, daß der Senat damit Geld verdient. Wir wollen, daß möglichst wenige alte Autos mit hohem Schadstoffausstoß in die Innenstadt fahren.“

Mit Verlaub, sonderlich glaubwürdig klingt das nicht, wenn man sich den Gebührenkatalog zu Gemüte führt.

Selbstverständlich hält man auch bei den Oldtimern die Hand auf, nachdem man sie offenbar mit der Beschränkung auf 700 Kilometern pro Jahr nicht genug gestraft hat. Die Ausnahmegenehmigung soll hier (wenigstens einmalig) 100 Euro betragen. Sollte Frau Damianakis’ Ausspruch glaubhaft sein, frage ich mich, wozu 100 Euro fällig werden, wenn man in Berlin ohnehin schon die Bewegungsfreiheit der Oldtimer auf 700 Kilometer (nicht zu vergessen, die weitere Beschränkung auf 500 Kilometer, nach zwei Jahren), verbunden mit der Führung eines Fahrtenbuches, eingeschränkt hat. Prompt regt sich von Seiten der Grünen Protest an dem „geringen“ Betrag, den der Oldtimerbesitzer zu bezahlen hat.

Die Grünen-Verkehrsexpertin Claudia Hämmerling kritisiert, ebenfalls in der Onlineausgabe der Berliner Morgenpost vom 03.07.07 (Zitat):

„Liebhaber, die mit ihrem alten Auto in die Innenstadt fahren wollen, sollten höhere Gebühren für ihr Hobby zahlen.“

Liebe Frau Hämmerling, Ihnen ist offenbar nicht bekannt, in welchem Maße der Oldtimerbesitzer sich am Bruttosozialprodukt der BRD beteiligt. Ich empfehle die Lektüre der FIVA-Studie, die genau dieses ermittelt und die Bedeutung des Oldtimerhobbies in der Wirtschaft aufgezeigt hat.

Wie unnachgiebig die Haltung der SPD in der Frage von Ausnahmegenehmigungen für Oldtimer ist, offenbart deren Pressemeldung Nr.566 vom 05.07.07 mit dem Titel „Keine generelle Ausnahme für Oldtimer bei Feinstaub-Fahrverboten“, in denen die Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Annette Faße, sowie die zuständige Berichterstatterin der Arbeitsgruppe Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der SPD-Bundestagsfraktion, Rita Schwarzelühr-Sutter preisgeben (Auszug):

„Eine bundesweite Ausnahmeregelung für Oldtimer ist nicht sinnvoll. Ob und wie die Oldtimer von den Feinstaub-Fahrverboten ausgenommen werden, entscheiden die zuständigen Städte und Gemeinden unter Berücksichtigung der jeweiligen speziellen Situation und Immissionsbelastung. Sie kennen die Situation vor Ort und haben entsprechend der EU-Luftreinhalteverordnung Umweltzonen ausgewiesen. Wir wollen nicht den Oldtimer-Fans den Spaß vermiesen, aber auch nicht den Freizeitspaß über den Gesundheitsschutz der Anwohner stellen (bei den Motorrädern, die nachgewiesenermaßen als Freizeitmobile anerkannt sind, scheint das wohl keine Rolle zu spielen – Anm.d.Verf.).“ und weiter „Das öffentliche Interesse an Luftreinhaltung überwiegt dem individuellen Interesse. Für Fahrten zum Zwecke der Reparatur oder Wartung der Oldtimer, aber auch für die Fahrten zu Ausflügen am Wochenende können die Kommunen die Fahrzeuge vom Fahrverbot befreien. Diese Möglichkeiten sind völlig ausreichend. Eine generelle bundesweite Ausnahmeregelung für Oldtimer ist überflüssig.“

Das bedeutet, daß wir mit einem gefährlichen Flickenteppich zu rechnen haben, da nun jede Kommune entscheiden darf, ob und zu welchen Bedingungen sie Oldtimer durch die Stadt fahren lässt. Am besten ist es, die Städte, die Oldtimer aussperren möchten, konsequent zu ignorieren und die Wirtschaftskraft aufgeschlosseneren Gemeinden zukommen zu lassen. Zugegebenermaßen löst diese Vorgehensweise nicht das Problem der Anwohner, die noch immer nicht wissen, wie sie ihr Fahrzeug aus der Fahrverbotszone raus und wieder hineinbekommen. Wären wir Oldtimerbesitzer tatsächlich so gut begütert, wie manche Politiker von uns denken, sollten wir uns alle je einen Porsche Cayenne zulegen und unsere historischen Fahrzeuge auf dem Anhänger durch die Innenstadt fahren. Da jedoch die meisten von uns für ihr Geld täglich hart arbeiten müssen, bleibt nur die Hoffnung auf Einsicht der Politik, mit dieser „Abstrafungsaktion“ nichts bewirken zu können.

A pro pos Hoffnung: Der brandenburgische CDU-Abgeordnete Jens Koeppen, macht unaufhörlich auf den Unfug dieser ganzen Verordnung aufmerksam. Mittlerweile dürfte auch er sich wie Cassandra in der Wüste vorkommen, doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. In seiner letzten Pressemitteilung vom 06.07.07 mit dem Titel „Rot-roter Bürokratiewahn einmal mehr gegen die Bürger gerichtet“ geht er mit dem Senat hart ins Gericht:

„Ich bin entsetzt über diese Regelungen. Einmal mehr bestätigt sich, was ich seit Monaten deutlich zu machen versuche: Es geht hier nicht um den Schutz der Umwelt, sondern um die Befriedigung bürokratischer und bürgerfeindlicher Ideologien. Was der rot-rote Senat hier angerichtet hat, wird zahlreiche kleine Handwerksbetriebe in ihrer Existenz bedrohen, wird Anwohner faktisch enteignen, den Tourismus schädigen und Investitionen verhindern. Nur eines wird nicht erreicht: die Senkung der Feinstaubbelastung, denn die hat weder mit dem inneren S-Bahn-Ring zu tun, noch ist sie im Sommer ein Problem, wenn etwa die Oldtimer unterwegs sind. Die weitaus größte Feinstaubquelle Berlins sind auswärtige Kohlekraftwerke und dann vorrangig im Winter.

Die Höhe der Gebühren sprengt selbst die böswilligste Vorstellungskraft. Wer hier behauptet, es ginge nicht darum, den Bürger zu schröpfen, spricht schlicht die Unwahrheit. Wenn ein Kleinunternehmer für eine Ausnahmegenehmigung über 400 Euro zahlen muß, grenzt das an staatlich organisierte Wegelagerei. Ein Oldtimerbesitzer zahlt 100 Euro dafür, daß er ein Fahrtenbuch führen „darf“ und nach 700 km im Jahr aus der Stadt verbannt wird. Ein Bürger muß dem Amt nachweisen, daß eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar wäre, und wenn er Glück hat, „begnadigt“ ihn der Beamte – Berlin auf dem Weg in die Bananenrepublik!

Eine solche Realität ist schlimmer als jeder Alptraum und hat mit verantwortungsvoller Politik nichts, aber auch gar nichts, gemein. Die Sozialdemokraten in Berlin zeigen einmal mehr, daß sie weder sozial noch demokratisch orientiert sind. Schlimm finde ich, daß auch die Bundes-SPD trotz zahlreicher sinnvoller Vorschläge meiner Fraktion diese Abstrafungsaktionen verrückt gewordener Lokalideologen unterstützt. Auch Minister Gabriel sieht leider keinen Handlungsbedarf. Mir scheint, die Vernunft und die Betrachtung der Fakten sind in dieser Debatte lange verloren gegangen. Spätestens seit die SED-Nachfolgepartei, neuerdings „Die Linke“, sich als Umweltschutzpartei profilieren möchte und allzu gern vergisst, daß ihre Genossen über Jahrzehnte die gesamte ehemalige DDR in schlimmster Weise und auf Jahre hinaus verseucht haben, ist mir klar geworden, worum es hier eigentlich geht: Um eine wirtschaftsfeindliche Ideologie übelster Sorte und um arrogante Bürgerfeindlichkeit, die ihresgleichen sucht. Als zuständiger Berichterstatter für die CDU/CSU im Umweltausschuß des Deutschen Bundestages distanziere ich mich klar von derartigen Maßnahmen, die der Umwelt nichts nützen und den Bürgern schaden. Ich appelliere insbesondere an die SPD, sich diese unselige Boshaftigkeit gegenüber den Menschen in Berlin und anderswo noch einmal gründlich zu überlegen.

Jens Koeppen, MdB“

Man mag geneigt sein, diese Zeilen als parteipolitisches Kalkül werten zu wollen, doch im Kern hat Jens Koeppen mit seiner Anklage völlig Recht. Wir alle müssen weiterhin versuchen, bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf den ganzen Unfug dieser Verordnung aufmerksam zu machen. In diesem Newsletter befinden sich genug Informationen, um sich auf ein Gespräch mit Betroffenen einzulassen und sich auszutauschen.

Die SPD befindet sich, den Umfragen nach, auf einem Tiefstand – ob sich die momentan betriebene Politik wohl auch unter den zahlreichen, von den Fahrverboten Betroffenen bereits herumgesprochen hat?

Am 09.09.07 findet in Büdingen die zentrale Veranstaltung der Initiative „Kulturgut Mobilität“ in Kooperation mit der FIVA und der Deutschen Fachwerkstraße statt, die unter dem Motto „Tag des offenen Denkmals – Oldtimer erLeben“ steht. An diesem besonderen Tag sollen bundesweit Denkmale aufgesucht werden um die perfekte Symbiose von immobilen und mobilen Kulturgütern zu demonstrieren. Je mehr Oldtimerfahrer sich dieser Aktion anschließen, umso größer ist die zu erwartende Breitenwirkung in der Öffentlichkeit. Dieser besondere Tag bietet uns allen einmal mehr die Gelegenheit, unserer Zeitzeugen historischer Mobilität als Sympathieträger darzustellen, Flugblätter zu verteilen und mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen. Achten Sie bitte diesbezüglich auf die Vorankündigungen in den einschlägigen Zeitschriften, sowie auf der Internetseite der Initiative „Kulturgut Mobilität“.

Wir sehen uns in Büdingen!

Beste Grüße aus Schwaben,
Ihr Mario De Rosa