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Opel: Widerstand gegen Fiat-Einstieg wächst

Der Widerstand gegen eine mögliche Übernahme des angeschlagenen Autobauers Opel durch Fiat wächst. Die IG Metall lehnte den Einstieg der Italiener am Freitag strikt ab und begrüßte gleichzeitig das Interesse des Autozulieferers Magna am angeschlagenen Autobauer Opel. „Ich glaube, dass Magna ein vielversprechender Interessent ist, aber ich weiß auch, dass es weitere vielversprechende Interessenten gibt“, sagte der Frankfurter IG-Metall-Bezirksleiter Armin Schild, der auch im Opel-Aufsichtsrat sitzt, am Freitag im ZDF-“Morgenmagazin“. Weitere Namen könne er aus Rücksicht auf die potenziellen Investoren nicht nennen.

Guttenberg: „Keine Vorfestlegung“ auf Fiat

EU-Industriekommissar Günter Verheugen sagte am Freitag im Bayerischen Rundfunk: „Mein erstes Gefühl ist doch das einer Überraschung.“ Fiat sei ein direkter Konkurrent von Opel und „nicht gerade der europäische Autobauer, dem es am besten geht“. Mit Blick auf die Verhandlungen über einen Einstieg von Fiat beim US-Hersteller Chrysler sagte er: „Ich frage mich, woher soll dieses hoch verschuldete Unternehmen die Mittel hernehmen, um gleichzeitig zwei solche Operationen zu stemmen?“

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) stellte am Donnerstag im ZDF „heute-journal“ klar, dass es bezüglich potenzieller Investoren noch keine „Vorfestlegung der Bundesregierung“ gebe. „Wir haben noch nicht mal ein industrielles Konzept seitens Fiat oder eines anderen Investors, und das sollten wir abwarten“, sagte Guttenberg. Ziel der Regierung sei es, möglichst viele Arbeitsplätze in Deutschland sowie die Marke Opel zu erhalten.

Der Turiner Autohersteller reagierte sichtlich verärgert: „Ich bin verwundert über den Ton und den Inhalt dieser Erklärungen“, sagte Fiat-Chef Sergio Marchionne. Erneut habe Verheugen Meinungen geäußert, „die für die Autoindustrie nicht konstruktiv sind“. Er sei immer davon ausgegangen, dass ein verantwortlicher EU-Kommissar unabhängig von seiner Nationalität über den Dingen stehe, sagte Marchionne. Zu erwarten gewesen wäre aus seiner Sicht ein konstruktiver Dialog mit Europas Herstellern und keine „Todesurteile, einseitig auswählend, wer überleben müsse.“

Gewerkschafter fordern tragfähiges Zukunftskonzept

Schild forderte, dass bei der Investorensuche ein Zukunftskonzept für Opel herauskommen müsse, an dem sich die Arbeitnehmer beteiligten. Dazu gehöre eine Bestandsgarantie für Opel als Technologiekonzern sowie der Verzicht auf Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen. Diese Forderungen hatten auch die Arbeitnehmervertreter bei Opel aufgestellt. Die 25.000 Opel-Mitarbeiter in Deutschland verlangen zudem, dass eine eigenständige europäische Opel AG mit Sitz in Rüsselsheim mit Zugang zu allen globalen Märkten gegründet wird. Im Gegenzug wollen sie Einschnitte beim Lohn und bei den Arbeitszeiten akzeptieren. Opel hatte seine Überkapazitäten auf 30 Prozent beziffert und strebt Einsparungen von 1,0 Milliarden Euro an.

Betriebsrat und Gewerkschaft fürchten, dass die angestrebte Eigenständigkeit Opels mit Fiat nicht realisierbar ist. Der Einstieg der Italiener würde nicht „zu mehr Autonomie“ führen, sagte Schild und betonte: „Das ist, was wir für dringend erforderlich halten, die unternehmerische Führung muss nach Rüsselsheim.“ Mit Fiat und einer Minderheitsbeteiligung der derzeitigen US-Mutter General Motors (GM) „wären zwei kranke Mütter im Spiel“: „Das hält das stärkste Unternehmen nicht aus“. Mit Fiat gebe es nur Synergieeffekte, wenn Arbeitsplätze abgebaut würden. Es bestehe die Gefahr, dass Fiat mit den Bürgschaften der deutschen Steuerzahler seine Überkapazitäten abbaut.

Betriebsräte sind skeptisch: „Schlechte Erfahrungen“ mit Fiat

Schild erinnerte an die „außerordentlich schlechten Erfahrungen“, die Opel und GM bei einer Liaison mit Fiat gemacht hätten. Anstatt die Turiner ganz zu übernehmen, kaufte sich GM 2005 mit einer Überweisung von 1,5 Milliarden Euro frei. „Je näher man bei Fiat hinter die Kulissen schauen konnte, je mehr klar wurde, welches technologische Potenzial Fiat hat, je mehr ist man von dieser Idee der vollständigen Übernahme wieder abgerückt.“

Auch der Betriebsratsvorsitzende des Bochumer Opel-Werks, Rainer Einenkel, reagierte mit Skepsis auf das Interesse von Fiat an Opel. Im Westdeutschen Rundfunk sagte er am Freitag, wenn zwei Partner sich zusammenschlössen, dürfe nicht einer auf der Strecke bleiben. Man müsse „aufpassen, dass nicht über diesen Weg ein möglicher Konkurrent ausgeschaltet werden kann“. Einenkel wies darauf hin, dass Fiat und Opel das gleiche Produkt-Portfolio haben. In vielen Punkten gebe es Gemeinsamkeiten. Der Markt sei jedoch nicht ohne weiteres zu vergrößern.

Der Thüringer Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) sagte der „Berliner Zeitung“, jeder Partner sei willkommen, der den Opel-Standort im thüringischen Eisenach und damit Arbeitsplätze sichert. Die nordrhein-westfälische SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft sagte dem Blatt, für Opel Deutschland und tausende Arbeitsplätze sei nichts gewonnen, wenn ein Investor das Unternehmen ausschlachte und den Konkurrenten ausschalte.

Dudenhöffer entwirft neues Rettungs-Szenario

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer (Center Automotive Research/Uni Duisburg Essen) hat unterdessen ein neues Rettungs-Szenario für Opel ins Spiel gebracht. Er hält für Opel eine Dreier-Koalition aus dem Autozulieferer Magna, dem russischen Autobauer GAZ und General Motors für optimal. „Man hätte eine Geschichte, wo alle drei und Opel gewinnen könnten“, sagte Dudenhöffer am Donnerstagabend der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Frankfurt.

Einer Übernahme von Opel durch Fiat erteilte Dudenhöffer eine klare Absage. „Fiat und Opel würden einen Kahlschlag für Deutschland bedeuten“, sagte Dudenhöffer. Es gebe große Überlappungen bei der Produktion und Entwicklung bei Opel und Fiat. Er warf Fiat vor, lediglich Steuergelder abziehen zu wollen. „Fiat schielt nur auf das Geld“, so Dudenhöffer.

Diez warnt vor „Wunschdenken“

Der Automobilexperte Willi Diez (Institut für Automobilwirtschaft/FH Nürtingen-Geislingen) hat indessen vor einem „Wunschdenken“ in Bezug auf eine Rettung von Opel gewarnt. Es sei utopisch zu hoffen, dass morgen ein reicher Scheich aus Abu Dhabi den Rüsselsheimern zu Hilfe eile. „Die Leute, die das glauben, die glauben auch an 1001 Nacht“, sagte Diez.

Der Autobauer habe nur mit einem industriellen Partner eine Chance. „Fiat und Opel könnte eine mögliche Konstellation sein.“ Opel werde dabei zwar Federn lassen müssen, bekomme aber einen Weg in die Zukunft geboten, über den man froh sein sollte. „Die Uhr bei Opel tickt“, so Diez.

Quelle: KFZ-Betrieb online