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Kommentar: Wasserstoff und Klassenkampf

Ein dreifach Hoch auf Brüssel! Endlich ist es geschafft: Wir werden eine Wasserstoff-Wirtschaft, eine völlig dekarbonisierte. Und grün wird der Wasserstoff auch noch sein, denn er darf nur aus dem Überschuss-Strom von Photovoltaik, Wind- und Wasserkraft gewonnen werden. Der Überschuss soll so groß sein, dass er unseren zukünftigen Wohlstand nachhaltig speist.

Nicht nur die Stahlindustrie, auch alle anderen industriellen Prozesse, die Energie benötigen, werden wir mit Wasserstoff betreiben. Dem Transportwesen erlauben wir sogar, den gasförmigen Wasserstoff als Flüssigkeit zur Verfügung zu stellen, zum Beispiel als e-Flugkraftstoff und e-Schiffskraftstoff oder sogar e-Kraftstoff für Schwerlastverkehr und Spezialfahrzeuge. Das Angebot ist komplett: e-Kerosin für die Jets, e-Schiffsdiesel für die Schifffahrt, e-Diesel für die Lkw und auch fürs Militär – alles zugunsten der Volkswirtschaft.

Und das Volk? Galt es nicht als eine Voraussetzung für ein Gelingen der "Verkehrswende", das Volk "mitzunehmen"? Nun hat Brüssel allerdings das e-Benzin und den e-Diesel für den privaten Pkw verboten. Die sollen alle statt an die Tanksäule nun an die – noch zu bauenden – Ladesäule. Wer dennoch einen Verbrennungsmotor etwa mit klimaneutralem Kraftstoff betreiben will, der muss mit der neuen Abgasvorschrift Euro 7 leben.

Die Konseqenzen sind klar: Euro-7-Autos werden teurer, je kleiner, desto teurer. Schon streichen die ersten Hersteller ihr Angebot an Kompakten und Kleinwagen zusammen. Und das Elektroauto ist sowieso teurer. Heute träumen bekannte Massenhersteller davon, bald ein Einstiegsmodell für 25.000 Euro anbieten zu können. Dafür gab es einmal zwei Kleinwagen. Zum teureren Auto kommen dann noch die teureren Kraftstoffe oder der extrem teure Strom aus der Schnellladesäule, Preise, an denen sich nach Bedarf drehen lässt.

Alle Verfechter der Verkehrswende gehen davon aus, dass es in Zukunft weniger Autoverkehr geben wird. Mit der Brüsseler Entscheidung wird deutlich, wie das erreicht wird. Persönliche Mobilität mit dem eigenen Auto wird zu einem Privileg der Reichen. Und das Fahrrad bekommt seine alte Rolle zurück – als Symbol der Unterprivilegierten. (Peter Schwerdtmann/ cen)