Logo

Verbrenner-Aus in Europa: Eine Hintertür bleibt noch offen

Trotz wachsender Zweifel an der Elektromobilität: Die Elektro-Lobby hat sich in der EU noch einmal durchgesetzt. In einem „Trilog“-Verfahren haben EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Ministerrat entschieden, ab 2035 die Neuzulassung von Pkw, die im Betrieb auch nur ein Gramm CO2 ausstoßen, zu verbieten. Klimakommissar Frans Timmermans lobt den ersten Schritt des Verbotspakets „Fit for 55“: „Die Einigung sendet ein starkes Signal an Verbraucher und die Industrie.“

Synthetische Kraftstoffe, mit denen sich nicht nur neue Autos, sondern praktisch die gesamte Bestandsflotte CO2-neutral betreiben ließen, werden auf die Grenzwerte nicht angerechnet. Damit entfällt für Verbraucher und Industrie der Anreiz, auf diese Weise den CO2-Ausstoß zeitnah massiv zu verringern.

Ganz eindeutig ist die Entscheidung aber nicht. Denn für 2026 ist nochmals eine Überprüfung angesetzt, bei der die tatsächlichen Emissionen untersucht und auch synthetische Kraftstoffe nochmals bewertet werden sollen. Und dabei könnte dann auch noch einmal über die Emissionen diskutiert werden, die nicht nur bei der Produktion und Entsorgung von Elektroautos anfallen, sondern auch während der relativ kurzen Lebensdauer von E-Mobilen. Denn bei der Produktion des Stroms, um sie zu betreiben, fallen in vielen europäischen Staaten hohe CO2-Emissionen an.

Schon jetzt hagelt es Kritik an der aktuellen Entscheidung. Brüssel habe „eine große Chance vertan, die Zukunft der individuellen Mobilität technologieoffen zu gestalten“, sagt Jürgen Karpinski, Präsident des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Uniti, die Interessenvertretung mittelständischer Mineralölunternehmen, spricht sogar von einem „Rückschlag für den Klimaschutz“.

Der Verband der Automobilindustrie stellt lakonisch fest, dass ambitionierte Ziele festgeschrieben worden seien, ohne die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Dabei verweist der VDA auf die mangelhafte Ladeinfrastruktur, auf drohende geopolitische Abhängigkeiten und auf Defizite bei den „erneuerbaren Energien“. „Um Diversifizierung und Resilienz tatsächlich zu realisieren, muss ein technologieoffener Ansatz gewährleistet sein“, mahnt Verbandspräsidentin Hildegard Müller. Dazu gehörten auch synthetische Kraftstoffe.

Schon vor 2035 werden die Grenzwerte für Verbrauch und Emissionen nochmals deutlich verschärft. Davon werden vor allem Plug-In-Hybride profitieren, deren Realverbräuche regelmäßig viel schlechter als die Normwerte sind. Sparsame und erschwingliche Otto- und Dieselmotoren ohne Hybridisierung dürften mit Strafabgaben belegt werden.

Während Europa das Verbot des klassischen Antriebs weiterhin offensiv betreibt, hat China die strikte Festlegung auf die E-Mobilität aufgegeben; dort setzen Politik und Industrie inzwischen auch wieder auf neue, saubere Verbrennungsmotoren. Und in Nordamerika hat die Debatte um die von Präsident Joe Biden angestrebten hohen Elektro-Quoten den Wahlkampf erreicht. (Jens Meiners/cen)