Logo

Wertvollste US-Oldtimersammlung kommt unter den Hammer

Manche Leute haben Sorgen, die manch andere Leute gerne hätten. Das zeigt besonders deutlich das Beispiel von Vater Paul Andrews, Mutter Judy, Sohn Chris und den Töchtern Emelie und Jennifer aus Fort Worth im US-Bundesstaat Texas, allesamt Besitzer von 175 wunderschönen Oldtimern.

„Mit 15 bis 20 Autos kämen wir gut hin“, sagt Chris. Sein Problem: „Die anderen verschlingen viel zu viel Zeit.“ Die nämlich würde Familie Andrews fehlen, wenn sie Zukunft noch intensiver als schon bisher an Oldtimer-Wettbewerben in Europa teilnehmen will. Chris. „Zu diesem Zweck müssen wir uns mit einer Auktion in unserem Museum auf eine Sammlung beschränken, die leichter zu managen ist. Aber uns bleiben ja noch ein alter Ferrari, drei Aston Martin, ein Duesenberg und ein paar andere Wagen. Dazu gehört ein 1956er Chevy Bel Air, das erste Auto, das mein Vater gekauft hat und mit dem er früher zur High School gefahren ist.“

In den USA haben die Andrews bereits so ziemlich alles gewonnen, was es an Preisen für bestens gepflegte alte Karossen zu gewinnen gibt, zum Beispiel vor drei Jahren den weltberühmten Concours d'Elegance in Pebble Beach in Kalifornien mit ihrem Mercedes-Benz 680 S Saoutchik Torpedo von 1928. „Auto, Motor und Sport“ schrieb damals über dieses Auto: „Eine Kombination aus deutscher Ingenieurskunst und avantgardistischem, französischen Design.“


Mercedes-Benz 680 S Saoutchik Torpedo (1928).
Foto: Auto-Medienportal.Net/Pebble Beach

Geldsorgen kennt Familie Andrews nur vom Hörensagen. Paul Andrews hatte 1971 sein Unternehmen TTI gegründet, es im Laufe der Jahre zum weltmarktführenden Produzenten für elektronische und elektrische Bauteile mit Kunden aus Flugzeugtechnik, Armee und Weltraumfahrt gemacht und 2007 für einen nicht näher bezifferten Betrag, der wohl eher erheblich über als unter der Milliarden-Dollar-Grenze lag, an Milliardär Warren Buffet verkauft. Sohn Chris, seinerseits selbst erfolgreicher Geschäftsmann, studierte Kunst in Paris und managt heue hauptberuflich die Sammlung. Zusammen machen die Andrews in regelmäßigen Abständen ein oder zwei Milliönchen für wohltätige Zwecke wie Krankenhäuser, Schulen, Universitäten und Bibliotheken locker, was sie freilich nicht daran hinderte, im Laufe der vergangenen Jahre eine Fülle ausgesucht seltener automobiler Raritäten anzuhäufen. Zeitweise beherbergten sie im familieneigenen Museum in Fort Worth bis zu 175 rare Oldtimer und zahlloses automobiles Sammelsurium wie Tretfahrzeuge für die Kleinen, historische Neonreklame oder handgefertigte Modellautos für die Großen. „Als Kind habe ich meinen Vater nur selten gesehen, weil er so hart gearbeitet hat“, erinnert sich Chris. „Aber als ich erwachsen wurde, hat uns die Leidenschaft für alte Autos zusammen gebracht.“


Ferrari 400 Superamerica SWB Convertible (1962)

Foto: Auto-Medienportal.Net/Darin Schnabel/RM Auctions

Inzwischen scheint beiden Männern diese Leidenschaft allerdings über den Kopf zu wachsen. Der Ehrgeiz, jedes ihrer Autos nicht nur stets in fahrbereitem, sondern darüber hinaus in einem Zustand zu halten, als käme es frisch aus der Produktion, erfordert ein ganzes Regiment handverlesener Spezialisten. „Im Grunde genommen hat man doch die meiste Freude an einem schönen Auto, wenn es dort eingesetzt wird, wofür es gebaut wurde, nämlich auf der Straße“, meint Paul Andrews. Doch die ständige Sorge um das Wohlergehen der großen Sammlung fresse zu viel Zeit, bekräftigen Vater und Sohn unisono. Außerdem benötigen sie ihr Museum regelmäßig für Wohltätigkeits-Veranstaltungen. Grund genug, ein Teil der Sammlung in die Hände eines der für automobile Pretiosen wohl renommiertesten Versteigerers RM Auctions aus Ontario/Kanada zu geben, der sie am 2. Mai unter den Hammer nehmen wird.


Cadillac V16 Convertible Sedan (1930).
Foto: Auto-Medienportal.Net/Darin Schnabel/RM Auctions

Dabei sind wahrhaft einzigartige Schönheiten. Zu den wertvollsten Fahrzeugen zählen ein 1963er Shelby Cobra 289 Competition, von dem weltweit nur drei existieren und von dem sich Chris Andrews nur ungern trennt. 2012 erhielt dieser Rennwagen den Preis „Beste Cobra“ vom Shelby American Automobile Club. Angeblich ist US-Komiker und Talkmaster Jay Leno, ebenfalls Autoverrückter mit zur Zeit 169 Pkw und 117 Motorrädern in der Garage, auf dieses Auto besonders scharf.


Shelby Cobra 289 Competition (1963).
Foto: Auto-Medienportal.Net/Darin Schnabel/RM Auctions

Einen Spitzenpreis wird mit Sicherheit auch der Duesenberg Model SJ Town Car von 1935 erzielen, der einst Ethel Veronica Mars gehörte, der Gründerin jenes Süßwarenimperiums, das heute unter anderem den gleichnamigen Schokoladenriegel produziert. Bis das Auto bei den Andrews landete, war es zuvor als Taxi unterwegs und später Bestandteil der Harrah-Sammlung in Reno/Nevada. In der gleichen Preisklasse rangiert auch der Cadillac V16 Convertible Sedan von 1930, der erste Sechzehnzylinder der Welt. Nicht minder berühmt ist der Ferrari 400 Superamerica SWB Convertible von 1962, der im gleichen Jahr auf dem Genfer Automobilsalon Aufsehen erregte. Gestaltet vom italienischen Edeldesigner Pininfarina wurden von dem Fahrzeug lediglich sechs Exemplare als Cabrio mit dazugehörigem Hardtop für den Winter hergestellt.


Duesenberg Model SJ Town Car (1935).
Foto: Auto-Medienportal.Net/Darin Schnabel/RM Auctions

Mehrere Modelle von Packard und Duesenberg, deren Marken längst in den automobilen Olymp eingegangen sind, befinden sich ebenso auf der Versteigerungsliste wie Prototypen von Buick oder Ford, die niemals in Serie gingen. Auch ein Mercedes 300 SL Roadster von 1953 ist dabei. Alles Autos, die Liebhabern älteren Blechs auf Anhieb die Augen verdrehen lassen. Einziger Wermutstropfen: Experten vermuten, dass kaum eines der Fahrzeuge für unter 500 000 Dollar (ca. 440 000 Euro) zu haben sein dürfte, die Mehrzahl wird für eine oder mehrere Millionen unter den Hammer kommen. Der Erlös der gesamten Versteigerung soll später über die Andrews Stiftung medizinischer Forschung und der Unterstützung benachteiligter Kinder in Texas zugutekommen.

Damit sich auf die Auktion am 2. Mai 2015 niemand verirrt, der dort mangels flüssiger Mittel nichts verloren hat, sind die Preise schon im Umfeld der Versteigerung gepfeffert. Ein Katalog mit limitierter Auflage kostet die Kleinigkeit von 150 Dollar (ca. 132 Euro), Einlass zur Vorbesichtigung 30. April und am 1. Mai 60 Dollar und wer mitbieten will – in den Räumen der Andrews Collection in Fort Worth/Texas live oder per Telefon und Internet aus der Ferne – muss 200 Dollar zahlen. Sehenswerten Trost für Normalverdiener gibt es im Internet auf https://www.youtube.com/watch?v=LlC-9b4PMgA. Die anderen können unter "http://www.rmauctions.com/auctions/event.cfm?SaleCode=AC15" näheres zur Versteigerung erfahren. (ampnet/hrr)

Text: Hans-Robert Richartz