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AvD: Wegen NOx-Problematik nicht erneut Autofahrer gängeln

  • 2010 gelten verbindliche EU-Grenzwerte für Stickstoffdioxid
  • Technische Nachrüstung von Diesel-PKW zu teuer und somit keine Alternative
  • Bund, Länder und Kommunen müssen Fristverlängerung beantragen

Stickoxidemissionen (NOx) rücken zunehmend in den Fokus. Denn dieses Jahr gelten verbindliche und strengere EU-Grenzwerte, die in kaum einer Stadt eingehalten werden können. Das belegen auch die gerade vom Umweltbundesamt veröffentlichten Daten: An 55 Prozent der städtischen verkehrsnahen Luftmessstationen lagen im Jahr 2009 die Jahresmittelwerte der Stickstoffdioxidkonzentration über dem Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. Und dies ist auch 2010 zu erwarten. Wie Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner jedoch richtig erkannt hat, "ist der Handlungsspielraum bei diesem Schadstoff begrenzt, wenn der Verkehr und das Wirtschaftsleben nicht gänzlich zum Erliegen kommen sollen". Der Automobilclub von Deutschland (AvD) warnt deshalb davor, erneut die Autofahrer ins Visier zu nehmen und mit weiteren Fahrverboten zu gängeln.

Die Diskussionen um die NOx-Problematik treiben leider bereits seltsame Blüten. Aus dem Bundesumweltministerium war zu hören, eine mögliche Variante sei, nach den Feinstaubplaketten zusätzliche NOx-Plaketten einzuführen. Diesen wiederholten "Plaketten-Wahn" gilt es nach Ansicht des AvD frühzeitig zu stoppen, insbesondere weil NOx-Nachrüstsysteme keine Alternative sind. Statt weitere Plaketten und damit einhergehend weitere Fahrverbote anzudrohen, sind Bund, Länder und Kommunen gefordert, eine Fristverlängerung bis 2015 zu beantragen. Die EU-Richtlinie räumt diese Möglichkeit ein. Baden-Württemberg geht mit gutem Beispiel voran und hat bereits angekündigt, die Fristverlängerung zur Einhaltung der Grenzwerte in Anspruch zu nehmen.

Nachrüstung zu kompliziert und zu teuer

Sonst bleibt, auf die ständig stattfindende Erneuerung der Fahrzeugflotte zu setzen. Denn Zulieferer und Automobilindustrie haben Abgasnachbehandlungssysteme entwickelt, mit denen der Stickoxidausstoß um bis zu 85 % reduziert werden kann. Saubere Dieselmodelle der neuesten Generation (z.B. BMW "BluePerformance", Audi "CleanDiesel", Mercedes "BlueTec") erfüllen so bereits die erst ab 2014 für die Typzulassung geltende Euro 6-Norm*. Ältere Diesel-PKW (Euro 3 und 4) nachzurüsten, wäre zwar theoretisch möglich – ist aber technisch immens aufwendig, da in das Motormanagement, in Sensorik, Elektronik und Bautechnik eingegriffen werden müsste. Zudem würde ein NOx-Nachrüstsystem viel Platz beanspruchen und wäre auch schlicht zu teuer. Branchenexperten schätzen, dass 4000 bis 6000 Euro anfallen würden. Die Kosten würden also den Wert einiger Fahrzeuge leicht überschreiten. Das ist unsinnig und den Autobesitzern zudem nicht zuzumuten. Auch angesichts der Masse an Diesel-Fahrzeugen, die nachgerüstet werden müsste, ist dies ein gänzlich unrealistisches Szenario.

Hintergrund: Harnstoff reinigt Abgase

Um bei Neufahrzeugen Werte von weniger als 80 mg/km (Euro 6) zu erreichen wird entweder ein sogenannter NOx-Speicherkatalysator eingebaut oder die Abgasanlage mit einem SCR-Kat ergänzt (SCR = Selective Catalytic Reduction). Bei diesem System spricht man auch von AdBlue-Technik, da eine Harnstoff-Wasser-Lösung - das Additiv namens AdBlue - in den Abgasstrang eingespritzt wird. Dabei entsteht Ammoniak, das wiederum die beim Verbrennungsprozess entstehenden Stickoxide in unschädlichen Stickstoff und Wasserdampf umwandelt. SCR-Katalysatoren haben sich in den vergangenen Jahren auch in Nutzfahrzeugen bewährt. LKW haben zusätzliche Harnstoff-Tanks an Bord, die an vielen Tankstellen aufgefüllt werden können. Bei PKW ist ausreichend, den Füllstand in normalen Inspektions-Intervallen zu kontrollieren.


Abbildung: Daimler AG