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AvD: Umweltzonen weiter nur Schikane für Autofahrer

  • Feinstaubbelastung geringfügig oder gar nicht zurückgegangen
  • Dennoch drohen älteren Dieselfahrzeugen zunehmend Fahrverbote
  • In vier Städten werden Umweltzonen zum Januar verschärft

Mit Neu-Ulm richtet ab kommendem Sonntag, dem 1. November, die 34. Stadt in Deutschland eine Umweltzone ein. Der Flickenteppich wächst und wächst, ohne erkennbare Wirkung. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) hält Umweltzonen nach wie vor für kein geeignetes Mittel, um die Luftqualität zu verbessern und die Feinstaubproblematik zu lösen. In Frankfurt beispielsweise wurden die Grenzwerte 2008 in der Friedberger Landstraße an 22 Tagen überschritten - 2009, nach Einführung der Umweltzone, sogar an 30 Tagen. Dafür sei eine spezielle Inversionswetterlage im Januar verantwortlich, diesen Monat müsse man ausklammern, sagte Umweltdezernentin Dr. Manuela Rottmann gestern. Das zeigt, wie wenig aussagekräftig die Messwerte sind und auch, welch geringen Einfluss PKW-Emissionen haben. Ein anderes Beispiel: Die Stadt Berlin gibt an, die Feinstaubbelastung sei seit Einführung der Umweltzone im Jahresmittel um drei Prozent gesunken. Nach Ansicht des AvD ein zu geringer Rückgang - im Verhältnis zum betriebenen Aufwand. Schließlich müssen sich alle Fahrzeugbesitzer, die in Umweltzonen einfahren möchten, für fünf Euro eine Plakette kaufen. Selbst wenn ihre Autos die geforderten Abgasnormen erfüllen und "grün" sind. Das ist bürokratischer Unsinn.

Dieselfahrer werden zum Verkauf gezwungen

Neben den beiden genannten Städten verschärfen zwei weitere zum 1. Januar 2010 ihre Umweltzonen. In Berlin und Hannover dürfen dann nur noch Fahrzeuge mit grünen Plaketten einfahren, Frankfurt und Bremen sperren Autos mit roten Plaketten aus. Besitzer von älteren Dieselfahrzeugen werden nun also zunehmend schikaniert, ihnen drohen Fahrverbote. Nach Ansicht des AvD ist dies unangemessen und inakzeptabel. Einige Familien werden gezwungen sein, ihre Autos zu verkaufen, da längst nicht alle Modelle mit Partikelfiltern nachrüstbar sind. Insbesondere für vor dem Jahr 2000 produzierte Euro 2-Fahrzeuge (rote Plakette) ist das Angebot bei weitem nicht ausreichend. Ein weiteres Problem für die Besitzer ist, dass ihre Autos permanent an Wert verlieren und sich kaum noch Käufer finden. In der Not bleibt, jedes Jahr aufs Neue eine Ausnahmegenehmigung zum Befahren einer Umweltzone zu beantragen. Dazu muss nachgewiesen werden, dass das Fahrzeug technisch nicht nachrüstbar ist und dass die Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs finanziell unzumutbar ist.

Jede Stadt kocht eigenes Süppchen

Der AvD weist erneut darauf hin, dass die einzelnen Umweltzonen-Städte die Ausnahmegenehmigungen nach vollkommen unterschiedlichen Kriterien erteilen. Die Gebühren variieren ebenfalls. Das größte Ärgernis bleibt, dass die Ausnahmegenehmigungen gegenseitig nicht anerkannt werden. Lediglich in Baden-Württemberg ist dies geregelt. Wohnt man aber beispielsweise in Frankfurt und reist nach Berlin, muss man dort eine zweite Ausnahmegenehmigung beantragen und zahlen. Der AvD fordert, die Vergabe von Ausnahmegenehmigungen baldmöglichst zu harmonisieren.

Übersicht: Umweltzonen in Deutschland

seit Januar 2008: Verschärfung:
Berlin ab Jan 2010 Einfahrt nur mit grünen Plaketten
Hannover (ND) ab Jan 2010 Einfahrt nur mit grünen Plaketten
Köln (NRW) noch unklar / Evaluierung bis Mitte 2010 – Einheitliche Lösung für NRW angedacht
seit März 2008:  
Ilsfeld (BW) ab 2012 / einheitliche Regelung Baden Württemberg
Leonberg (BW) s.o.
Ludwigsburg (BW) s.o.
Mannheim (BW) s.o.
Reutlingen (BW) s.o.
Schwäbisch-Gmünd (BW) s.o.
Stuttgart (BW) ab Juli 2010 Einfahrt nur noch mit gelber und grüner Plakette
Tübingen (BW) s.o.
seit August 2008  
Pleidelsheim (BW) s.o.
seit Oktober 2008:  
München (BY) ab Okt 2010 Einfahrverbot für Fahrzeuge mit roten Plaketten
  ab Okt 2012 Einfahrverbot rot & gelb (nur grün)
Frankfurt am Main (HE) ab Jan 2010 rote Plaketten "ausgesperrt" / Einfahrt grün& gelb
  ab Jan 2012 nur noch grüne Plaketten
Ruhrgebiet (9 Städte) Entscheidung Mitte 2010 / Harmonisierung NRW geplant
Bochum (NRW) s.o.
Bottrop (NRW) s.o.
Dortmund (NRW) s.o.
Duisburg (NRW) s.o.
Essen (NRW) s.o.
Gelsenkirchen (NRW) s.o.
Mühlheim an der Ruhr (NRW) s.o.
Oberhausen (NRW) s.o.
Recklinghausen (NRW) s.o.
seit Januar 2009:  
Heilbronn (BW) ab 1.1.2012 zweite Stufe (keine Einfahrt mit roter Plakette)
Herrenberg (BW) ab 1.1.2012 zweite Stufe (keine Einfahrt mit roter Plakette)
Karlsruhe (BW) ab 1.1.2012 zweite Stufe (keine Einfahrt mit roter Plakette)
Mühlacker (BW) s.o. – 2. Stufe ab 2012 einheitlich in BW
Pforzheim (BW) s.o. – 2. Stufe ab 2012 einheitlich in BW
Ulm (BW) frühestens ab 2012 / rote Plakette befristete Fahrerlaubnis bis 31.12.2011
Augsburg (BY) noch nicht entschieden, Verschärfung frühestens ab 2010 (gelb&grün), ab 2012 (grün)
Bremen (HB) ab Jan 2010 zweite Stufe (gelb & grün), ab 1. Juli 2011 dritte Stufe (nur grün)
seit Februar 2009:  
Düsseldorf (NRW) s.o.
Wuppertal (NRW) s.o.
ab November 2009:  
Neu-Ulm (BY) Verschärfung frühestens 2012 geplant
geplant ab Januar 2010:  
Bonn (NRW)  
Münster (NRW) startet mit Verschärfung / Einfahrt nur mit gelber & grüner Plakette
Osnabrück (ND) ab 4. Jan 2011 / zweite Stufe; dritte Stufe ab Jan 2012
Pfinztal (BW) ab Januar 2012 (rote Plakette)
Freiburg (BW) ab Januar 2012 (rote Plakette)
Heidelberg (BW) ab Januar 2012 (rote Plakette)
zudem geplant in:  
Leipzig (2011)  
Regensburg (Zeitpunkt steht noch nicht fest)  
Nürnberg (Herbst 2010)