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Außer Spesen nichts gewesen?

Von Kaufinteressenten, die auszogen, ein vermeintlich schönes Auto zu kaufen, jedoch nur eine Ruine fanden.

Solche oder ähnliche Geschichten haben wir alle schon einmal gehört: Da gab es diese verlockende Anzeige in der Oldtimer Markt: „Lieblingsauto (Marke und Typ lassen sich beliebig einsetzen) zu verkaufen, hervorragender Zustand, restauriert, Zustand 1-, Innenausstattung neu, Matching Numbers, Motor vom Spezialisten überholt, günstig zu verkaufen“.

Oft wird auch noch ein traumhafter Preis ausgelobt, der auch die weiteste Anfahrt lohnend erscheinen lässt.
Auch die weiteren Abläufe sind typisch: Es gibt ein oder mehrere Telefongespräche, der Interessent lässt sich den in der Anzeige beschriebenen Zustand bestätigen und konkretisieren. Das Kaufinteresse wächst, der Preis erscheint immer günstiger.

Um das Auto abzuholen, nehmen unser Kaufinteressent und sein bester Freund jeweils einen Tag Urlaub, man mietet ein geeignetes Zugfahrzeug und einen Pkw-Transportanhänger und macht sich nach Feierabend beispielsweise von München nach Hamburg auf den Weg. Nach Übernachtung in einem preiswerten Hotel kommt dann morgens in Hamburg der große Augenblick, das Treffen mit dem Verkäufer.

Alle Erwartungen fallen jedoch in sich zusammen, als dieser das Garagentor öffnet. Statt des erwarteten Zustand 1 Fahrzeuges findet sich das, was in Oldtimerkreisen üblicherweise als „Grotte“ beschrieben wird.

Statt der versprochenen Restaurierung finden sich nur einige stümperhaft eingeschweißte Bleche. Der Motor wurde nicht überholt, sondern es wurden lediglich einige Wartungsarbeiten durchgeführt. Der Zustand 1 entpuppt sich bei näherem Hinsehen als bestenfalls 3 bis 4, eher 4+. Ob die wesentlichen Bauteile dann tatsächlich die Beschreibung „Matching Num-bers“ rechtfertigen und ob das Fahrzeug überhaupt fahrbereit ist, spielt dann kaum noch eine Rolle.

Zu der maßlosen Enttäuschung beim Kaufinteressenten kommen dann noch die entstandenen Kosten, die sich in unserem Beispielfall wie folgt berechnen:

Zwei Mann à zwei Urlaubstage (z.B.4.000,00 € Monatgehalt : 20 Arbeitstage) = € 200,00 tägliche Bruttovergütung ≙ € 100,00 Nettovergütung; € 100,00 x 2 Personen x 2 Tage = € 400,00
Miete für Zugfahrzeug und Anhänger: € 300,00
Treibstoffkosten München – Hamburg – München (ca. 770 km x 2 = 1.540 km, x 10 Liter x € 1,45 = € 233,30
Verpflegungsmehraufwendungen zwei Personen á zwei Tage: mindestens € 50,00
Hotelübernachtung: € 80,00
Gesamtbetrag € 1.053,30

Mit diesem Fall und diesen Zahlen kam plötzlich ein Mandant zu uns und bat um Prüfung, ob er diesen Betrag vom Anbieter des Fahrzeugs ersetzt erhalten könnte.

Im Ergebnis konnten wir einen Schadensersatzanspruch durchsetzen, wobei sich die Parteien dann vergleichsweise auf einen Betrag in Höhe von € 800,00 geeinigt haben, um einen langwierigen Prozess zu vermeiden.

Wie ist hier die Rechtslage?
Wer ein Inserat aufgibt, möchte gerne einen Vertrag abschließen. Wer in einem Vertrag falsche Angaben macht, haftet dafür und muss sich unter Umständen auch wegen eines Betru-ges strafrechtlich verantworten. Dies wäre für den potentiellen Verkäufer in unserem Beispielfall zum Beispiel dann sehr teuer geworden, wenn der Interessent das Fahrzeug am Telefon durch einen mündlichen Vertrag gekauft hätte und sich der wahre Zustand des Fahrzeuges erst nach Abschluss des Kaufvertrages herausgestellt hätte. Dann hätten zivilrechtliche Schadenersatzansprüche bestanden.

In unserem Fall ist aber noch gar kein Vertrag zustande gekommen. Trotzdem hat der Kaufinteressent einen Schadensersatzanspruch. Die Juristen sprechen hier von einem Verschulden bei oder in Verbindung mit Vertragsschluss bzw. bei der Vertragsanbahnung.

Anbieter und Interessent haben sich zu einer Besichtigung verabredet und der Anbieter wusste auch, dass der Interessent mit einem Fahrzeug aus München anreisen werde. Ob er die Einzelheiten, z.B. das Anmieten eines Fahrzeugs etc. kannte, ist dabei nicht entscheidend.

Wichtig ist allein, ob der Anbieter Angaben zum Fahrzeug gemacht hat, die bewusst unwahr sind. Hier gibt es sicherlich einen Beurteilungsspielraum. Es kommt auch nicht darauf an, ob das Fahrzeug nun im Zustand 1- oder 2+ ist. Dies ist sicherlich Einschätzungsfrage und für unterschiedliche Einschätzungen im Vorfeld eines Vertragsabschlusses muss niemand befürchten, auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Allerdings hat die Rechtsprechung schon entschieden, dass die Angabe einer Zustandsnote verbindlich ist. Sie muss als schon „in etwa“ stimmen.

Ähnlich sieht es dann aus, wenn der Verkäufer einen Mangel unabsichtlich verschweigt. So kommt es oft vor, dass Oldtimer über einen längeren Zeitraum nicht genutzt werden und der Verkäufer zum Beispiel bei Auflösung seiner Sammlung nicht weiß, dass es zwischenzeitlich zu Standschäden gekommen ist oder er aufgrund der längeren Nichtnutzung des Fahrzeuges Mängel, die bereits zuvor vorhanden waren, vergessen hat.

Enthält eine Verkaufsanzeige keine konkreten Angaben und macht der Verkäufer auch keine konkreten Angaben beispielsweise auf telefonische oder schriftliche Nachfrage, muss er ebenfalls nicht befürchten, vor Abschluss eines Vertrages in die Haftung genommen zu werden. Eine Haftung tritt vielmehr nur dann ein, wenn bewusst objektiv unwahre Angaben gemacht werden.

Daher ist es beispielsweise aus Sicht eines Kaufinteressenten immer wichtig, sich konkrete Angaben des Verkäufers schriftlich geben zu lassen oder bei Telefongesprächen darauf hinzuweisen, dass ein Zeuge mithört. Auch die Anzeige sollte (wie für die Dokumentation auch bei einem tatsächlichen Kauf des Fahrzeuges) gut aufbewahrt werden. Dies ist insbesondere wichtig, wenn das Fahrzeug im Internet angepriesen wurde, da Online-Verkaufsinserate, Onlineauktionsangebote etc. in der Regel nach dem Verkauf des Fahrzeuges gelöscht werden und später oft nicht reproduziert werden können.

Beispiele für „ungefährliche“ Angaben:

  • Schönes Auto
  • Gutes Fahrauto
  • Kultobjekt
  • Sehr gute Erscheinung
  • „Hingucker“
  • Tolles Fahrzeug

Beispiele für „gefährliche“, da konkrete Angaben:

  • Restauriert: Dies bedeutet, dass das Fahrzeug insgesamt komplett überarbeitet worden ist. Die Rechtsprechung verlangt insbesondere eine Beseitigung vorhandenen Rosts und Schutzmaßnahmen vor neuem Rostbefall.
  • Überholter Motor: Der Motor wurde zerlegt, alle Bauteile geprüft. Verschleißteile wie beispielsweise Kolben, Dichtungen, eventuell Ventilführungen, Lager etc. soweit notwendig wurden ersetzt.
  • Austauschmotor: Es ist nicht mehr der Originalmotor verbaut, jedoch ein vom Hersteller oder zumindest von einem Spezialbetrieb komplett überholter (siehe oben) Motor.

Ein Austauschmotor ist zu unterscheiden vom Einbau eines Gebrauchtmotors, der nicht überholt worden ist.

  • Zustandsnoten: Die Zustandsnoten sind, auch wenn die Formulierungen teilweise etwas divergieren, im Wesentlichen definiert und können daher auch überprüft werden.
  • Laufleistung: Die Angabe eines bestimmten Kilometerstandes oder gar ausdrücklich einer Laufleistung ist gefährlich, da der Verkäufer dann hieran gebunden ist. Alternativ kann der Verkäufer unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass er für die Laufleistung nicht einstehen kann, den Tachometerstand mitteilen.
  • Rostfrei: Diese Angabe findet sich zwar in Anzeigen immer wieder, kann aber letztlich nur gemacht werden, wenn das Fahrzeug komplett bis auf die letzte Schraube zerlegt und restauriert worden ist. Die Bezeichnung eines unrestaurierten Fahrzeuges als rostfrei dürfte praktisch nie der Wahrheit entsprechen. Insbesondere gilt dies bei Fahrzeugen mit selbsttragender Karosserie. Rostfrei bedeutet, dass sich am Fahrzeug überhaupt kein Rost befindet. Dies ist nicht die Zusicherung, dass das Fahrzeug nicht durchrostet ist.
  • Angaben zum technischen Zustand: „Einwandfreier technischer Zustand“, „Technik 100 % in Ordnung“, „fahrbereit“, „TÜV neu“ sind nachprüfbar und müssen stimmen.

Gefährlich für den Verkäufer wird es immer dann, wenn das Fahrzeug bewusst und im Wissen um die Unwahrheit der Angaben falsch beschrieben wird. In diesem Fall greift eine Haftung für diejenigen Kosten ein, die der Interessent üblicherweise aufwendet, um das Fahrzeug zu besichtigen oder um den Kaufvertrag abzuschließen. Ist er durch die Täuschung veranlasst worden, erhebliche Beträge aufzuwenden, die sich letztlich als nutzlose Aufwendung darstellen, haftet der Fahrzeuganbieter.

Der Schadensersatz ist begrenzt auf Kosten, die ein durchschnittlicher Kaufinteressent regelmäßig aufwendet oder die insoweit noch angemessen sind. Vom Schadenersatzanspruch nicht gedeckt wäre also beispielsweise die Anmietung eines Rolls Royce als Transportfahrzeug oder die Übernachtung im 5-Sterne Luxushotel.

In der Praxis werden solche Schadensersatzansprüche wegen falsch beschriebener Fahrzeuge aus Unkenntnis nur sehr selten geltend gemacht, was auch dazu beitragen dürfte, dass Verkäufer ihr Fahrzeug oft ohne Rücksicht auf den Wahrheitsgehalt ihrer Angaben in höchsten Tönen loben wohl wissend, dass das Fahrzeug in einem viel schlechteren als dem beschriebenen Zustand ist. Vielleicht trägt dieser Beitrag dazu bei, dass solche Verkäufer in Anzeigen realistischere Angaben machen, um Kaufinteressenten unnötige Kosten und vermeidbaren Ärger zu ersparen. Daher gilt insoweit: Wer ehrliche Angaben zum Fahrzeug und seinem Zustand macht, hat am ehesten die Chance, das Fahrzeug zu einem angemessenen Preis an einen Interessenten zu verkaufen, der eine realistische Vorstellung vom Kaufobjekt hat.

Ihr Oldtimeranwalt
Michael Eckert
www.oldtimeranwalt.de