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Die Sterne im himmlischen Fuhrpark

Eine gewisse Beständigkeit lässt sich für den päpstlichen Fuhrpark konstatieren. Es gehört zwar zum guten Ton fast jedes europäischen Automobilherstellers, früher oder später dem Vatikan ein Repräsentationsfahrzeug zur Verfügung zu stellen, jedoch waren es vor allem die Automobile mit Stern, die unser Bild eines päpstlichen Wagens prägten.

Product Placement mit dem Pullman: Der Nürburg für Pius XI

In der Tat war es eine frühe Form des Product Placements, als man 1929 dem Vatikan vorschlug, eine speziell umgebaute Pullman-Limousine des Typs „Nürburg 460“ zu schenken. Was dann in Zusammenarbeit zwischen den Werken Mannheim, die den Wagen produzierten, und dem Werk Sindelfingen, das Um- und Ausbau vornahm, entstand, war kein Auto von der Stange. Der Antrieb, 80 PS aus 4,6 Liter Hubraum, schön in acht Reihenzylindern verteilt, war noch weitgehend serienmäßig.

Die Höchstgeschwindigkeit betrug 100 km/, bei den damaligen Straßen mehr als ausreichend. Man wählte den topmodernen „Niederrahmen“, damit im werksintern genannten „Rom-Wagen“ ausreichend Platz vorhanden war. Der wurde auch gebraucht, da bei der Ausstattung, eingebaut in Sindelfingen durch die Abteilung Sonderwagenbau, man keine Bescheidenheit an den Tag legte. Während Fahrer und Beifahrer auf schnödem Leder Platz nahmen, stand für den Heiligen Vater ein mit Seidenbrokat bezogener, mit Luftkissen gepolsterter Thronsessel bereit. Eine handwerkliche Besonderheit war die Bespannung des Wagenhimmels. Die Paramentstickerinnen des Benediktinerinnenordens des Klosters Beuron hatten nach Vorgaben des Pater Cornelius, dem Kunstsachverständigen des Klosters, eine Taube als Symbol für den Heiligen Geist in den Ausschlag gestickt.

Beeindruckend auch die technischen Details: Statt Kristall-Spiegelglas wählte man eine Vorform der Sekurit-Verglasung. Das splitterfreie „Kinonglas“ bestand aus zwei Glasflächen und einer dazwischen eingefügten Folie. Um Schutz vor der italienischen Sonne zu bieten, waren die Scheiben getönt.

Technisch sehr interessant gelöst war auch die Kommunikation zwischen Passagier und Fahrer. Auf einer Tastatur konnte der Papst Geschwindigkeit, Fahrtrichtung und Fahrziel angeben. Warum diese Knöpfe italienisch und nicht, wie sich für den Vatikan geziemt, auf Latein beschriftet wurden, wird allerdings ein ewiges Rätsel bleiben.


Päpstliches Navigationssystem

Nachdem der Wagen in Stuttgart und Wien der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, ging es auf eigener Achse nach Rom. Auch hier wurden vor der Engelsburg und auf dem Petersplatz Pressefotos angefertigt, schließlich wurde der Wagen mit dem Kennzeichen SCV 4 Papst Pius XI übergeben.


Die Übergabe

Nach einer Laufleistung von 40 000 km schied der Wagen aus dem aktiven Dienst des Fuhrparks aus und wurde zusammen mit anderen Fahrzeugen, Kutschen und Sänften dem „Museo delle Carrozze“ im Museum des Vatikans ausgestellt. Die Kilometerleistung mag bescheiden wirken, jedoch sei die Bemerkung erlaubt, dass zur damaligen Zeit bei Fernreisen der Eisenbahn der Vorzug galt. Der Vatikan verfügt ja bis zum heutigen Tag über einen eigenen Bahnhof mit allerdings sehr beschränktem Streckennetz von 860 Metern Länge, für den die italienische Staatsbahn das Rollmaterial stellte. Der Bahnhof wird nur noch sehr selten genutzt und beherbergt deshalb heute das zollfreie Kaufhaus für die Vatikan-Bediensteten.

Trotz der geringen Laufleistung entschied man sich 1983, den Wagen in der Werkstatt des Mercedes-Benz Museums in Fellbach aufzuarbeiten und zu restaurieren. Nach mehr als einem Jahr kehrte er zurück ins Vatikan-Museum, auf die Anreise auf eigener Achse verzichtete man dieses Mal jedoch.


Der restaurierte Nürburg

Mit offenem Dach für eine offene Kirche: Der Adenauer für Johannes XXIII

Papst Johannes XXIII öffnete nicht nur die Fenster der Kirche weit, indem er das zweite vatikanische Konzil einberief, sondern hatte auch besondere Wünsche an das Fahrzeug, das ihm Daimler Benz im Jahre 1960 baute. So sollte sich das Dach öffnen sowie die Seitenscheiben entfernen lassen, damit ein direkter Kontakt zu den Gläubigen möglich ist.

 

Auch diese Aufgabe löste die Abteilung Sonderwagenbau und baut auf einem verlängerten Adenauer-Fahrgestell eine Landaulet-Karosse auf, bei der sich das Verdeck innerhalb von Sekunden öffnen ließ. Für die Seitenscheiben waren eigens Halterungen im Kofferraum vorgesehen, die vorderen Seitenscheiben sowie die Trennwand ließen sich elektrisch versenken. Auf Wunsch des Papstes war der Wagen mit festen Griffen an der Trennwand ausgestattet, so dass er sicher stehend aus dem Wagen heraus sich den Gläubigen zeigen konnte. Wie beim Vorgänger, befand sich für den Papst im Fond ein Thron, der sich elektrisch verstellen ließ, sowie, gegen die Fahrtrichtung, an der Trennwand zwei Klappsitze für Begleiter. Eine Besonderheit waren auch die automatisch ausfahrenden Trittstufen vor den Fondtüren, die das Ein- und Aussteigen erleichterten.

Der große Mercedes

Schon fünf Jahre später wurde der Nachfolger in Dienst gestellt. Wie schon beim Adenauer basierte das Fahrzeug auf einem verlängerten Landaulet-Fahrgestell, bestuhlt mit einem einzelnen Thron im Fond sowie Klappsitzen an der obligatorischen Trennwand. Als Besonderheit gegenüber den Serienlandaulets (sofern man von einer „Serie“ sprechen kann) war das Dach um 70 mm erhöht und der Wagenboden eben ausgeführt sowie die Fondtüren um 256 mm verlängert, so dass sie direkt an die vorderen Türen anschlossen. Papst VI lobte, standesgemäß im Pluralis des Souveräns, bei der Übergabe durch die Delegation von Mercedes Benz mit Dr. Hermann Josef Abs, Walter Hitzinger, Professor Fritz Nallinger, Arno Wychodil sowie Karl Wilfert, das hohe technische Niveau des Fahrzeugs: „Der Name Mercedes ist zu einem Begriff geworden für deutschen Fleiß und deutsche Tüchtigkeit. Darum wissen wir ihre heutige Gabe umso mehr zu schätzen.“

Bei dem W 100, den Papst Johannes Paul II während seines Deutschlandbesuchs benutzte, handelt es sich übrigens nicht um den SCV 1 aus Rom, sondern um den von Mercedes vorgehaltenen Repräsentationswagen mit dem Kennzeichnung S-EA 1552, den sich für Staatsbesuche ja auch die Bundesregierung gerne auslieh. Für dieses Fahrzeug gab es auch einen Plexiglasaufbau, der bei schlechter Witterung den Passagieren Schutz bot. Rolf Köstner, ein sehr bekannter Eisenbahnfotograf, war so freundlich, die Bilder vom Besuch von Papst Johannes Paul II in Osnabrück zur Verfügung zu stellen.

Beim landstrichtypisch schmuddeligen Herbstwetter konnte am 18. November 1980 der Aufbau seine Funktionsfähigkeit unter Beweis stellen. Interessant sind auch die zivilen und unzivilen W123-Polizeifahrzeuge, die den Papstwagen begleiteten, teilweise mit seitlichen Trittstufen für die Personenschützer ausgestattet.


(c) Rolf Köstner


(c) Rolf Köstner


(c) Rolf Köstner

Eine Nummer kleiner: die W 109-Flotte

Sozusagen als „leichten Stadtwagen“ erhielt der Vatikan schon ein Jahr nach Übergabe des W 100 ein weiteres Landaulet, diesmal auf Basis des W 109. Dieser Wagen war weniger opulent ausgestattet, so fehlte beispielsweise eine Klimaanlage, auf Wunsch des Vatikans wurden sogar die schlichteren Fenstereinfassungen des W 108 montiert.

Der Wagen erfreute sich wohl einiger Beliebtheit, selbst nach der Jahrtausendwende war der Wagen beim Weltjugendtag in Rom noch im Einsatz. Nach dem Attentat auf Papst Johannes Paul II am 18. Mai 1981 durch den Türken Mehmet Ali Agca erhielt der Wagen nachträglich eine Panzerung, das dürfte auch der Zeitpunkt gewesen sein, an dem die Stahlfelgen mit zweiteiligen Radkappen den 15“ Fuchsfelgen weichen mussten und umgearbeitete Spiegel des W 126 montiert wurden.

Neben dem Landaulet standen ab 1967 zwei nahezu identische W 109-Limousinen mit verlängertem Radstand dem Vatikan zur Verfügung, die Fahrzeuge wurden aber hauptsächlich für den Transport hochgestellter Würdenträger und wichtiger Gäste eingesetzt und gehörten so nicht zu den eigentlichen Papstwagen.

Sehen und gesehen werden: Die G-Modelle

Anlässlich des Deutschlandbesuchs von Johannes Paul II im Jahre 1980 stellte Daimler Benz ein Fahrzeug zunächst leihweise zur Verfügung, das den Begriff „Papamobil“ prägen sollte, wie kein weiteres.

Um auch abseits befestigter Straßen mobil zu sein, viele der Gottesdienste sollten in Stadien oder auch auf der freien Wiese stattfinden, wählte man das G-Modell als Basisfahrzeug.

Im Prinzip übernahm man die bewährte vis-a-vis-Sitzanordnung, allerdings wurde anstatt des Throns eine breite Sitzbank eingebaut. Um den Papst vor der wechselhaften deutschen Witterung zu schützen und dennoch eine Nähe zu den Gläubigen zu ermöglichen, erhielt das Fahrzeug einen transparenten Aufbau aus acht Millimeter starkem Plexiglas. Ursprünglich wurde dieser Aufbau bei schönem Wetter demontiert, jedoch blieb er nach dem Attentat dauerhaft auf dem Fahrzeug. Auch wenn er nicht schusssicher ausgeführt war, so bot er doch Schutz vor geworfenen Gegenständen oder Messerattacken.

Um den großen Aufbau auch bei Sonne angenehm temperiert zu halten bzw. bei schlechtem Wetter ein Beschlagen der Scheiben zu verhindern, erhielt der Wagen eine leistungsfähige Klimaanlage, die von den unter der hinteren Plattform eingebauten Batterien gespeist, auch im Stand betrieben werden konnte.

Die Batterien waren auch notwendig, um die zahlreichen Helfer in der Sitzverstellung, die zahlreichen Lampen zur Beleuchtung der Plexiglaskuppel sowie die elektrisch ausfahrbaren Trittstufen bei Laune zu halten.

Etwas exaltiert wirkte neben dem Perlmuttlack, den vergoldeten Schriftzüge, Sternstangenauflagen auch die Felgen, die den Wagen selbst in Kampen auf Sylt als richtig angezogen erscheinen hätten lassen. Interessant war auch die Wahl des Antriebs. Gegen einen Dieselmotor sprach sicher die Angst, die päpstlichen Gewänder zu sehr zu verschmutzen, der Doppelnocker M 110 als Spitzenmotorisierung hätte durch sein typtypisches Gerassel im leerlaufnahen Betrieb das Weihrauchfass übertönt. So fiel die Wahl zwangsläufig auf den Vierzylinder M 115 mit 2,3 Liter Hubraum, der hier niederverdichtet seine Arbeit an einem automatischen Getriebe verrichtet. Für die Autobahn ist das natürlich nichts, für das gemütliche Dahinrollen in einem Fußballstadion reicht es aber mehr als aus. Trotz seines bescheidenen Antriebs ist der Wagen und sein zwei Jahre später gebauter Zwillingsbruder viel auf der Welt herum gekommen, viele Strecken wohl im Bauch eines Frachtflugzeugs. So ist eines der Fahrzeuge beispielsweise 1984 in Kanada zu sehen gewesen. Die Fahrzeuge sind gut zu entscheiden: SCV 7, der ältere Wagen, hat goldene Felgen, einen Einzel-Thron sowie die Standarten auf den Vorderkotflügeln sowie außen am rechten Kotflügel.

SCV 6, der später gebaute Wagen, steht auf weiß/silbernen Felgen, die Standarten sind seitlich an den Kotflügeln angebracht und die Seiten zieren vergoldete Türgriffe sowie der goldene „Mercedes-Benz“-Schriftzug.

Beim Besuch in Österreich erfuhr das G-Modell dann noch einen Identitätswechsel. Da das G-Modell ja bei Steyr-Daimler-Puch in der Steiermark montiert wurde und deshalb in Österreich nur unter der Marke „Steyr Puch“ bekannt war, wurden die Mercedessterne durch Puch-Markenzeichen ersetzt!

Daimler Benz schenkte dem Vatikan 1982 beide Wagen.

Der Reisewagen: 500 SEL Sonderschutz

Für die Fahrten zum Flughafen, nach Castel Gandolfo oder innerhalb Roms waren die G-Modelle natürlich nur bedingt geeignet. Um den Sicherheitsanforderungen nach dem Attentat zu entsprechen, übergab Prof. Werner Breitschwerdt im Jahre 1985 im Rahmen einer Privataudienz einen W 126 in Sonderschutzausführung. Wie schon in seinen Vorgängern sind in dem um 200 mm verlängerten Wagen gegenüber des Papst-Throns die Klappsitze an der Trennwand angeordnet. Als eines der wenigen Sonderschutzfahrzeuge überhaupt verfügt der 500 SEL über ein großes elektrisches Schiebedach, vor dem sich ein Polycarbonatschild als Windschutz ausfahren lässt.

Der Wagenboden im Fond lässt sich links und rechts vom Kardantunnel anheben, so dass ein ebenes Podest ausgebildet wird. Auch von diesem Wagen gibt es übrigens einen nahezu identischen, allerdings zwei Jahre älteren Zwillingsbruder, der allerdings im Werksfuhrpark verblieben ist. Der Vatikan-Wagen erfreut sich noch bester Gesundheit und wird vom jetzigen Papst Benedikt XVI regelmäßig genutzt.

Wenig in Erscheinung getreten ist das letzte Landaulet, das man 1997 in Sindelfingen für den Vatikan anfertigte. Der Typ S 500 L der Baureihe V 140 erfuhr aufwendige Modifikationen: Das große, elektrohydraulische Verdeck bietet sogar im geschlossenen Zustand ca. 50 mm mehr Kopffreiheit als die serienmäßige Limousine. Der Papst-Thron lässt sich vertikal um 500 mm verstellen, so dass der damals schon schwer erkrankte Papst Johannes Paul II halbwegs bequem das Fahrzeug besteigen oder verlassen konnte.

Größtmöglicher Schutz: ML 430 mit schusssicherem Glas

Den nach dem 11. September noch einmal gesteigerten Sicherheitsanforderungen entspricht der ML 430, der im Jahre 2002 die G-Modelle ablöste. Statt der Plexiglaskuppel erhielt das Fahrzeug einen transparenten Aufbau aus dickem, schusssicherem Glas.

Auch hier ist der Thron in der Höhe verstellbar, damit der stark an Parkinson leidende, damalige Papst noch an den Audienzen auf dem Petersplatz teilnehmen konnte. Da das Fahrzeug wohl eine sehr hohe Schutzstufe aufweist, wird es bis heute regelmäßig genutzt, beispielsweise anlässlich der Weltjugendtag in Köln und Sydney durch Papst Benedikt XVI.

Zu finden sind die Fahrzeuge heute zum Teil im dem Vatikanmuseum angeschlossenen „Museo delle Carrozze“, das ältere der G-Modelle steht im neuen Mercedes-Benz Museum, der Adenauer steht meistens im Museumsfundus in Fellbach. Es wurde sogar eigens für Ausstellungen eine Replika der G-Modelle gebaut, die Merkmale beider Fahrzeuge zeigt.

Die aktuellen S-Klassen sind im regelmäßigen Einsatz in und um Rom, die ML-Klasse wird weltweit bei Reisen eingesetzt. Und selbst für die Mittwochs-Audienz auf dem Petersplatz steht wieder ein Wagen mit Stern bereit: Seit November 2007 ergänzt ein offenes G-Modell den Fuhrpark des Vatikans.

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