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Zur Firma Veritas und den produzierten Dyna-Veritas

Gegründet wurde die Firma Veritas 1946 im badischen Messkirch, was damals in der französischen Besatzungszone lag. Die kleine Firma setzte sich aus ehemaligen BMW-Mitarbeitern zusammen: Lorenz Dietrich, der das Werk Berlin-Spandau geleitet hatte, Schorsch Meier, einem ehemaligen Rennfahrer und Ernst Loof, einem renommierten Entwickler.

Zu Beginn produzierte Veritas Renn- und GT-Fahrzeuge (Grand Tourisme, vergleichbar vielleicht mit dem Mercedes 190 SL). Diese Fahrzeuge wurden von einem auf dem 2-Liter-Triebwerk des BMW 328 basierenden Motor angetrieben und machten sich alsbald einen Namen. Trotzdem versuchte Lorenz Dietrich das Programm zu erweitern, um ein preiswerteres Modell zu bauen, das in der Lage war, einen größeren Kundenkreis zu erschließen.

Da er während der Besetzung Frankreichs die Leitung der Gnôme&Rhône-Werke inne hatte, ergab sich dort die Gelegenheit, Paul Panhard kennen zulernen, mit dem er sich auch gut verstand. Ein neuerlicher Kontakt ergab sich zwischen den Beiden auf dem Pariser Autosalon 1949, als Veritas dort erstmals ausstellte.

Veritas hätte sich damit zufrieden geben können, in Lizenz in und für Deutschland den Dyna zu montieren, aber Dietrich gefiel die Karosserie nicht. Man entschied, dass die komplette Technik des Dyna als Basis für ein kleines Cabriolet dienen sollte und Ernst Loof anschließend auch noch ein Wettbewerbsfahrzeug für die Formel 3 entwickeln sollte. Ein erstes Dyna-Chassis mit einem GM 600-Motor wurde am 20. Januar 1950 an Veritas geliefert. Veritas war mittlerweile im vorherigen Jahr nach Muggensturm bei Rastatt umgezogen (Anmerkung des Übersetzers: Das Gelände gehört heute der Bundeswehr und liegt zwischen der Bundesstraße 3 und der BAB 5 hinter einer größeren Tankstelle).

In der Zwischenzeit hatte sich Dietrich nach einem Werk umgesehen, das in der Lage war, die Herstellung des neuen Wagens sicherzustellen. Nachdem ein erster Kontakt mit Borgward fruchtlos geblieben war (obwohl sie ihre Kapazitäten nicht voll ausschöpften), kam schließlich eine Übereinkunft mit Baur in Stuttgart zustande. Diese bauten bereits seit 1927 Straßenfahrzeuge (und später zum Beispiel auch den BMW M1). Während der vergangenen Jahre hatten sie sich auf Sonderaufbauten auf DKW-Basis spezialisiert.

Auch wenn Loof zu Beginn seine eigenen Ideen für den Dyna-Veritas hatte, musste er bald einsehen, dass die Schaffung einer völlig neuen Karosserie, die keine bestehenden Teile übernahm, zu teuer gekommen wäre. Das erklärt, warum im Dyna-Veritas schlussendlich viele DKW-Serienteile verbaut waren. Dazu gehörten Türen, Armaturentafel und Lenkrad. Das Heck ist teilweise identisch mit den Sonderaufbauten Baurs auf DKW-Basis. Die Scheinwerfer sind die gleichen, wie sie für den DKW-Meisterklasse und den VW Käfer dieser Baujahre verwendet wurde. Der Rest, also v.a. der Frontbereich sind ein Eigenentwurf, der stark an die 2 Liter Veritas erinnert, insbesondere der gewölbte Kühlergrill. Insgesamt wirkt die gesamte Linie etwas schwerfällig (Vermeylen meinte dazu "typisch deutsch"), aber den Rundungen ist ein gewisser Charme nicht abzusprechen (was ich nur unterstreichen kann). Und darüber hinaus, welcher Fan ist nicht verwundert, unter der Haube einen Panhard-Boxer zu finden?



  Dyna-Veritas Coupe von 1952. Dieses Auto wurde in Belgien montiert. Die Aufnahme entstand in Brüssel

Die erste öffentliche Vorführung fand anlässlich der Reutlinger Automobilausstellung am 11.Mai 1950 statt. Es war ein 2+2 Sitzer-Cabriolet mit dem 750 ccm-Motor des Dyna 120. Lediglich 14 Fahrzeuge wurden im Lauf des Jahres 1950 montiert. Mit seinem Preis von 7700 DM war der Wagen nicht gerade ein Sonderangebot, wenn man sich seine damaligen Konkurrenten ansieht, das Käfer Kabriolet für 6950,- DM und den DKW Meisterklasse für 7585,-DM.

Diese Umstände und die schlechte finanzielle Lage der Firma hielten Loof nicht davon ab, zwei weiteren Projekten, die er im Kopf hatte, nachzugehen: ein direkt vom Kabrio abgeleitetes Coupe und ein Roadster mit eigener Karosserie. Letzterer wurde beim Pariser Salon im Oktober 1950 präsentiert. Seine rassigere Linienführung war offensichtlich vom Jaguar XK 120 inspiriert worden. Die Ausführung war diesmal der Firma Drews aus Wuppertal anvertraut worden. Vorgesehen war entweder der normale 750ccm Motor für 7800,-DM oder der Sprint-Motor für einen Aufpreis von 500,-DM. Dieser Wagen Dyna-Veritas RS genannt, sollte eine Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h erreichen. Es blieb bei einem Einzelstück. Das Coupe war im vorhergehenden Mai präsentiert worden, fand aber auch nicht den Weg in die Serie.

Leider kam es während dieser Zeit zum Zerwürfnis zwischen den Firmenpartnern. Loof warf Dietrich Missmanagement vor, während der wiederum Loof vorhielt, dass es gar nicht zu dieser finanziellen Schieflage gekommen wäre, wenn dieser nicht so viele Prototypen gebaut hätte und sich nicht so sehr auf die stärkeren und teureren 2-Liter Modelle konzentriert hätte.

Da sie zu keiner befriedigenden Lösung kamen, wurde im November 1950 Konkurs angemeldet

Aber schon im Oktober hatte Dietrich im benachbarten Baden-Baden eine neue Firma gegründet: Die Dyna Automobil Import und Export GmbH. Um dies zu können, hatte er sich mit einem Anwalt namens Bandel verbündet sowie seinem Pariser Freund Jean-Baptiste Lefebvre. Dieser wurde auch der Chef der Firma Veritas France, die in der Rue-St-Augustin 10 in Paris residierte und sich um den französischen Markt kümmerte und war zugleich der direkte Kontaktmann zu Panhard. Zu Jahresbeginn lieferte Panhard wieder mechanische Komponenten des Dyna 750, aber nun auch ganze Fahrzeuge, da die neue Gesellschaft ein Händlernetz von 50 Vertretern in ganz Deutschland aufgebaut hatte, die neben dem Mutterhaus in Baden-Baden von zwei Filialen betreut wurden Dyna-Süd in München und Dyna-West in Essen. So kam es auch, dass eine ganze Reihe von 15 Dyna 120 (Chassis Nummer 370001 bis 370015) am 30.Januar 1951 geliefert wurden.

Höchstwahrscheinlich wurde aus einem dieser 15 Wagen auch einer benutzt, um daraus einen zweitürigen aerodynamisch geformten Kombi zu bauen. Es blieb wohl auch hier bei einem Einzelstück.

Die Produktion der Dyna-Veritas wurde im März 1951 wieder aufgenommen. Offiziell wurde das ganze mit einem Stand der Marke im folgenden Monat auf der Ausstellung in Frankfurt.

Dort wurde auch ein neuer Roadster präsentiert, dessen Liniengebung nichts mit dem Drews-Roadster gemein hatte und mehr an der Veritas Scorpion mit der BMW Maschine erinnerte. Auch er war wohl ein Einzelstück und wurde nach Ägypten exportiert.

Lorenz Dietrich bemühte sich sehr um den Export, v.a. nach Frankreich und sein Kompagnon Lefebvre gelang es auch, eine ordentliche Zahl abzusetzen. Von den 90 Wagen, die Baur 1951 baute, blieben lediglich 33 in Deutschland, die anderen wurden exportiert, unter anderem nach Frankreich und der Schweiz, aber auch in die skandinavischen Länder.

Es scheint sicher, dass eine geringe Anzahl der Dyna-Veritas in Schweden montiert wurden. Einer dieser Wagen nahm mit norwegischer Zulassung an der Rallye Monte Carlo 1953 mit der Startnummer 341 teil. Er wurde vom Duo Johansen und Glosli pilotiert. Auch in Belgien vertrieb der dortige Panhard-Importeur den Dyna-Veritas, im ganzen neun Fahrzeuge, darunter drei Coupes, die zwischen Januar 1952 und Sommer 1953 in Brüssel zusammen gebaut wurden. Der Wagen kostete in Belgien als Coupe 99500 FB und als Kabrio 114500 FB, was ihn im Vergleich zum Dyna Junior 850 teuer erschienen ließ, da dieser dort lediglich 83800 FB kostete. In Belgien erhielten die Veritas exklusiv die 850ccm Motoren, während in den in Deutschland montierten Fahrzeugen im Prinzip grundsätzlich der 750ccm Motor verbaut war.

1952 verließen 65 Veritas mit 750ccm Motor die Baur-Werke; im folgenden Jahr wurde noch etwa ein Dutzend Autos produziert, aber auch sie erhielten nun den großen Motor, der besser mit der schweren Karosserie zurecht kam (und in diesem Jahr auch im normalen Dyna zumeist verbaut wurde. Im folgenden Jahr erschien dann der Dyna Z, der ein völlig neues Chassis hatte; Anmerkung des Übersetzers).

Anfang 1954 stellte die Dyna Automobil GmbH endgültig ihre Aktivitäten ein, nachdem sie, den offiziellen Quellen zu folge, insgesamt 176 Dyna-Veritas gebaut hatte

Übersetzung aus Bernard Vermeylens "Panhard-ses voitures d'àpres-guerre"
Mit freundlicher Genehmigung des Panhard-Clubs Deutschland