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Rudolf Diesel und seine Erfindung - Ein Techniker mit Weitblick

Rudolf Christian Karl Diesel wird am 18. März 1858 in Paris geboren. Der Sohn eines Buchbinders entscheidet sich bereits im Alter von 14 Jahren für eine Laufbahn als Ingenieur. Nach Gewerbeschule und Industrieschule besucht er die Technische Hochschule München (Polytechnikum) und schließt 1880 sein Studium mit dem besten Examen seit Gründung der Hochschule ab. Während seiner ingenieurwissenschaftlichen Ausbildung beeindrucken den angehenden Motorkonstrukteur besonders die Thermodynamik-Vorlesungen des Dozenten Carl von Linde.

Dieser Kontakt zu Linde hat Folgen: Nach dem Studium wird Diesel in der lindeschen Kältemaschinenfabrik arbeiten. Vor allem aber entschließt er sich, angestoßen durch die Vorlesungen, einen neuen Motor mit besonders gutem thermischem Wirkungsgrad zu entwickeln. Nach einem einjährigen Volontariat stellt Linde den jungen Ingenieur 1881 in seiner Eisfabrik in Paris ein. Noch im selben Jahr erhält Diesel ein erstes Patent für die Herstellung von Klareis. In den folgenden Jahren konzentriert sich Rudolf Diesel zunehmend auf die Arbeit an seinem Motor. Das Konzept der „neuen, rationellen Wärmekraftmaschine“ meldet er 1892 zum Patent an, das am 23. Februar 1893 als DRP 67 207, „über Arbeitsverfahren und Ausführungsart für Verbrennungsmaschinen“ erteilt wird. Noch im November 1893 modifiziert und verbessert Diesel seinen ersten Entwurf in einem zweiten Patentantrag (DRP 82 168).

Bei der Maschinenfabrik Augsburg (später MAN) entwickelt Diesel von 1893 an einen Prototyp; die erste Versuchsmaschine bringt er schon nach wenigen Monaten zum Laufen. Aber erst vier Jahre nach Beginn der Arbeiten läuft der erfolgreiche Prototyp eines serienreifen Motors. Zur Produktion des neuen Aggregats entsteht 1898 die Dieselmotorenfabrik Augsburg.

1897 – Der Dieselmotor

Während der Otto-Motor ein Gemisch aus Luft und Kraftstoff verdichtet, soll Diesels Motor die Ansaugluft komprimieren, in die dann erst kurz vor der Zündung der Kraftstoff eingespritzt wird – so überlegt der Ingenieur. Nach dieser ausschließlich im Innern des Zylinders ablaufenden Gemischbildung entzündet sich der Treibstoff selbständig durch die Hitze, die bei der Verdichtung entsteht. Auf dem Papier erreichen Diesels Berechnungen für diesen Vorgang extrem hohe Verdichtungsdrücke von bis zu 253 bar, in der Realität bleibt der Druck später allerdings deutlich geringer.

Mit Temperaturen zwischen 700 und 900 Grad Celsius, die im Zylinder durch die Verdichtung der Luft erzielt werden, genügt diese Leistung aber völlig für die Funktion des neuartigen Motors: Das sehr zündwillige Dieselöl verbrennt bei diesen Temperaturen kurz nach der Einspritzung ohne zusätzliche Zündhilfe. Bis sich Rudolf Diesel für ein Mitteldestillat von Erdöl als Kraftstoff entscheidet, experimentiert der Ingenieur mit verschiedenen anderen Substanzen. Dazu zählt auch ein Versuch mit Kohlenstaub. Die ersten Prototypen laufen aber schon mit Petroleum, das dem späteren Dieselöl in vielen Aspekten gleicht.

Im Vergleich zum Ottomotor zeigt die Dieselmaschine insbesondere unter Teillast einen sehr guten Wirkungsgrad. Diese Wirtschaftlichkeit des neuen Motors überzeugt die ersten Käufer um 1900 – trotz der öffentlich geübten Kritik an Diesels Konzept. Doch die frühen Motoren erweisen sich als noch nicht robust genug, zahlreiche Kunden schicken ihre Aggregate mit Schäden zurück. Vor allem der Luftkompressor und der Siebzerstäuber für die Kraftstoffeinblasung sind anfällig für mechanische Probleme. Als Reaktion entwickelt der Erfinder einen neuer Zerstäuber und verbessert die Verdichtung der Einblasluft, indem er sie auf zwei Etappen verteilt.

Noch immer verlangt die Versorgung des Motors mit Treibstoff nach einem komplizierten Verfahren: Eine Niederdruckpumpe fördert den Kraftstoff in den Zerstäuber. Von diesem Punkt aus bläst stark komprimierte Luft das Dieselöl als feinen Kraftstoffnebel in den Zylinder. Diese Technik macht die Motoren schwer und komplex. Höhere Drehzahlen sind so ebenso wenig möglich wie eine Reaktion auf wechselnde Belastungen.

Rudolf Diesel ist in seiner Entwicklung mehrfach technischen Irrtümern aufgesessen. Unter anderem hält der Ingenieur die Selbstentzündung des Kraftstoffs zu Beginn seiner Arbeiten für nicht entscheidend und experimentiert auch mit Zündkerzen. Doch schon der erste Prototyp von 1897 beweist, dass das Grundprinzip dieser Verbrennungsmaschine eine große Zukunft hat: Diesels Motor etabliert sich als zweite Form der Verbrennungskraftmaschine neben dem Otto-Motor, wenn auch zunächst nur als Stationärmotor.

Dem Grundprinzip dieser Maschinen folgen auch heutige Fahrzeug-Dieselmotoren. Allerdings hat sich aus der simplen Grundkonstruktion Rudolf Diesels längst ein technisch aufwändiges Motorsystem entwickelt. Lösungen wie die Common-Rail-Einspritzung mit bis zu 2 000 bar Einspritzdruck, Abgas-Turboaufladung und hochmoderne Abgasreinigungssysteme haben den Dieselmotor zum leistungsstarken, sparsamen und sauberen Fahrzeugantrieb gemacht.

Vom Stationärmotor zum Schiffsdiesel

Nachdem Diesel sein Konzept zur Marktreife entwickelt hat, stellt die Maschinenfabrik Augsburg in den folgenden Jahren die Produktion von Dampfmaschinen ein und konzentriert sich ganz auf den Bau von Dieselmotoren. Diese Ablösung entspricht der Entwicklung des Marktes, denn besonders als leistungsstarke Konkurrenz zum Dampfaggregat setzt sich die Dieselmaschine durch. Allein zwischen 1907 und 1909 entstehen mehr als 1 000 Aggregate mit Leistungen von 15 kW bis 74 kW (20 bis 100 PS). Für den Antrieb von Verkehrsmitteln kommt der neue Motor vor dem Ersten Weltkrieg aber nur in Schiffen zum Einsatz, erstmals im Jahr 1903.

Den Erfolg seines Motors als Antrieb für Straßen- und Schienenfahrzeuge erlebt Rudolf Diesel nicht mehr. Der Erfinder steht vor dem wirtschaftlichen Ruin als er 1913 auf der Überfahrt von Holland nach England von Bord des Postdampfers „Dresden“ verschwindet. Ein Selbstmord des Ingenieurs gilt als wahrscheinlich. Immerhin sieht Diesel das Potenzial seiner Technik voraus: „Es ist meine feste Überzeugung“, schreibt er in seinem Todesjahr 1913, „dass der Automobilmotor kommen wird, und dann betrachte ich meine Lebensaufgabe als beendet.“

1910 – Schiffsdiesel von Benz und Daimler

Auch Benz und Daimler bauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts Dieselmotoren für Wasserfahrzeuge: Benz & Cie. liefern 1910 ihre beiden ersten Viertakt-Schiffsdieselmotoren aus. Im September 1911 stellt Benz dann einen Zweitakt-Dieselantrieb für Schiffe vor. Dieser Motor „Patent Hesselman“ folgt einem schwedischen Aggregat, das seit 1907 bei Aktiebolaget Diesels Motorer in Stockholm gebaut wird. Ausgerüstet mit dem Benz-Zweitakter wird unter anderem die „Fram“, ein Expeditions- und Forschungsschiff. Gebaut wird die „Fram“ bereits 1892 für den norwegischen Polarforscher Fridtjof Nansen. Sie dient von 1893 bis 1912 als Expeditionsschiff. Den 132 kW (180 PS) starken Benz-Diesel lässt Roald Amundsen für seine Südpol-Fahrt installieren, die von 1910 bis 1912 dauert.

Im September 1911 bekommt die Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) einen Auftrag für zehn Viertakt-Schiffsdiesel mit Lufteinblasung und einer Leistung von 74 kW (100 PS). Die Antriebsmaschinen des Typs RM 20 274 werden im DMG-Werk Berlin-Marienfelde gebaut, 1912 liefert Daimler die ersten fünf Aggregate aus.

Beide Firmen stellen im Ersten Weltkrieg auch Motoren für Unterseeboote her. Im Januar 1916 erhält das DMG-Werk Marienfelde einen Auftrag über zwölf 221 kW (300 PS) starke Sechszylinder-U-Boot-Dieselmotoren. Die ersten sieben Aggregate vom Typ MU 256 werden noch im selben Jahr ausgeliefert. Auch Benz & Cie. arbeitet in dieser Zeit an leistungsstarken Dieselmotoren für Unterseeboote. Von 1915 bis 1916 werden acht Sechszylindermaschinen vom Typ S 6 Ln mit jeweils 331 kW (450 PS) gebaut.