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23. Januar 1951: Die Sicherheitsfahrgastzelle wird zum Patent angemeldet

  • Schutz durch eine Karosserie mit Knautschzonen und Sicherheitsfahrgastzelle
  • Béla Barényi entwirft die Grundlagen der passiven Fahrzeugsicherheit
  • Serien-Umsetzung in der Mercedes-Benz Baureihe W 111 aus dem Jahr 1959

Am 23. Januar 1951 meldet die Daimler-Benz AG die Personenwagenkarosserie mit Sicherheitsfahrgastzelle zum Patent an. Der Erfindung von Béla Barényi wird das Patent Nr. 854 157 unter dem Titel „Kraftfahrzeug, insbesondere zur Beförderung von Personen“ erteilt. Diese Innovation ist wegweisend, sie gilt bis heute als das Fundament der passiven Automobilsicherheit. 1959 geht die Sicherheitskarosserie mit gestaltfester Passagierzelle in der Baureihe W 111 von Mercedes-Benz erstmals in die Serienfertigung. Zusammen mit vielen anderen Entwicklungen gehört die 1951 patentierte Sicherheitsfahrgastzelle zu den technischen Maßstäben, die Mercedes-Benz für die Verbesserung der passiven Automobilsicherheit weltweit immer wieder setzt.

Der Daimler-Benz Ingenieur und Sicherheitspionier Barényi bricht bei dieser Entwicklung, die auf seinen früheren Prototypen und Patenten basiert, endgültig mit einer Konstante der Fahrzeugkonstruktion vergangener Jahrzehnte: Bisher galt stets eine möglichst steife Karosserie als beste Lösung, um Fahrer und Passagiere bei einem Unfall zu schützen. Dabei werden jedoch die durch den Aufprall entstehenden Kräfte kaum gedämpft an die Passagiere weitergegeben. Deshalb setzt Barényi nun auf die kontrollierte Deformation des Fahrzeugs an Front und Heck, um die bei einer Kollision entstehende Bewegungsenergie abzubauen. In der Mitte des Fahrzeugs birgt derweil eine gestaltfeste Sicherheitsfahrgastzelle die Passagiere und schützt sie vor Einwirkungen des Unfalls auf die Fahrzeugstruktur.


Mercedes-Benz Typ 220 SEb der Baureihe W 111 (1959 bis 1965), Modell der Karosserie; die gebogenen Längsträger ermöglichen die kontrollierte Deformierbarkeit der Knautschzonen.
Foto: Daimler AG

Insgesamt besteht das neue Fahrzeugkonzept also aus drei Zellen: Der Sicherheitszelle in der Mitte und den mit ihr elastisch verbunden Zellen an Front und Heck. Im Text der Patentanmeldung wird die Aufgabe der Konstruktion wie folgt erläutert: „Die bei einem Zusammenstoß auftretenden Kräfte werden [...] von dem [vorderen oder hinteren] Zellenteil [...] aufgenommen.“ Später setzt sich eine griffige Bezeichnung für diese kontrolliert deformierbaren Bereiche der Karosserie durch: Sie gehen als so genannte „Knautschzonen“ in die Umgangssprache ein.

Der 1907 in Österreich-Ungarn geborene Ingenieur Barényi wird 1939 bei Daimler-Benz eingestellt. Zunächst arbeitet er unter der Leitung von Karl Wilfert an einem Versuchsfahrzeug mit einer neuartigen Bodengruppe, die den Namen Plattformrahmen erhält. Der Zweite Weltkrieg unterbricht die Forschung Barényis an seinen Lösungen für die passive Sicherheit. Nach Kriegsende arbeitet er zunächst als selbständiger Ingenieur. In dieser Zeit entstehen die Studien „Terracruiser“ und „Concadoro“, die bereits die Zellenbauweise der Karosserie vorwegnehmen: Beide Studien haben eine strukturell sehr feste Fahrgastzelle in der Mitte, mit welcher die verformbaren Crash-Zellen an Front und Heck elastisch verbunden sind.


Schemadarstellung: Mercedes-Benz Limousine der Baureihe 111 (1959 bis 1968) mit Knautschzonen, gestaltfester Fahrgastzelle und Sicherheitsgurten.
Foto: Daimler AG

1948 wird der Ingenieur wieder von der Daimler-Benz AG eingestellt. In den folgenden Monaten setzt er nun zahlreiche seiner Entwürfe in neue Patente um. Das 1951 angemeldete Patent Nr. 854 157 ist dabei besonders wegweisend. Die Entwicklung der Sicherheitsfahrgastzelle bei Mercedes-Benz schärft deshalb auch die Aufmerksamkeit der Entwickler für das Thema Automobilsicherheit insgesamt. Dementsprechend setzt Barényi in der 1959 vorgestellten Baureihe W 111 nicht nur seine visionäre Sicherheitskarosserie um, sondern führt auch ein neues Sicherheitslenkrad ein, das eine großflächige Prallplatte und ein plastisch verformbares Zwischenglied zwischen Pralltopf und dem nach vorn versetzten Ende der Lenksäule hat.

Außerdem beginnt die Daimler-Benz AG im Jahr 1959 damit, systematische Crashversuche mit Mercedes-Benz Limousinen auszuführen – der erste dieser Versuche ist ein Frontalaufprall eines Wagens der Baureihe W 111 gegen eine starre Barriere am 10. September 1959. Die bei diesen Versuchen gewonnenen Daten tragen dazu bei, das moderne Automobil mit der von Barényi erdachten Sicherheitskarosserie immer sicherer zu machen.


Der erste Mercedes-Benz Crashtest vom 10. September 1959: Mit diesem Frontalaufprall eines Fahrzeugs der Baureihe W 111  (1959 bis 1968) beginnen die Crashtests von Mercedes Benz.
Foto: Daimler AG

Insgesamt meldet der Ingenieur rund 2500 seiner Entwicklungen zum Patent an – die meisten davon betreffen die Fahrzeugsicherheit. Als Anerkennung dieser Leistung wird Barényi im Jahr 1994 in die „Automotive Hall of Fame“ aufgenommen. Den Prinzipien, die der „Vater der passiven Sicherheit“ in der Mitte des 20. Jahrhunderts formuliert hat, folgen auch moderne Fahrzeugentwicklungen von Mercedes-Benz. Dabei ergänzen sich die Sicherheitskarosserie mit gestaltfester Fahrgastzelle und die zahlreichen neuen Lösungen für die passive und aktive Fahrzeugsicherheit auf perfekte Weise.